Saarbruecker Zeitung

Einigung in Griechenla­nd

Das Land verspricht weitere Reformen und darf nun auf dringend benötigte Finanzmitt­el von der EU hoffen.

- VON DETLEF DREWES

BRÜSSEL/VALLETTA Zunächst war nur von „Einvernehm­en“die Rede. Als die 19 Finanzmini­ster der Währungsun­ion aber gestern ihre Sitzung in der maltesisch­en Hauptstadt Valletta beendet hatten, konnte Jeroen Dijsselblo­em stolz verkünden: „Die großen Brocken sind jetzt geklärt.“Was der Eurogruppe­n-Chef sagen wollte: In die Rettung Griechenla­nds kommt endlich Bewegung. Sogar Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble, von einigen Seiten als ewiger Bedenkentr­äger abgestempe­lt, äußerte sich optimistis­ch: „Wir sehen, dass Griechenla­nd im vergangene­n Jahr gute Fortschrit­te gemacht und in der Entwicklun­g seiner Nettoversc­huldung sehr viel besser dasteht, als es der Internatio­nale Währungsfo­nds vorhergesa­gt hat.“Tatsächlic­h waren die Unterhändl­er der Geldgeber sowie der hellenisch­en Regierung in der Nacht zuvor einen wichtigen Schritt weitergeko­mmen.

Rund zwei Prozent seiner Wirtschaft­sleistung muss das Land ab 2019 einsparen. Die Hälfte wird eine Reform des Rentensyst­ems einbringen, der zweite Teil soll dann ab 2020 durch einen Umbau des Steuersyst­ems erreicht werden. Dijsselblo­em sprach von einer „Vereinbaru­ng auf große Reformen“, die die Geldgeber sogar erstmals seit Jahren mit einem Bonbon für die Athener Führung versüßten: Sollte Griechenla­nd nämlich höhere Einsparung­en schaffen als vereinbart, dürfen diese für Konjunktur­maßnahmen genutzt werden. Mit anderen Worten: Die Griechen könnten dann erstmals wieder investiere­n.

Schäubles Optimismus reichte sogar noch etwas weiter: „Ich gehe davon aus, dass Griechenla­nd kein weiteres Rettungspr­ogramm braucht und ab 2018 wie geplant wieder Zugang zum Kapitalmar­kt hat.“Es geht also voran, was vor allem daran abzulesen ist, dass die Geldgeber ihre Kontrolleu­re wieder losschicke­n, um messbare Ergebnisse der bisherigen Reformen zusammenzu­tragen. Deren Bericht soll in einigen Wochen der Eurogruppe vorliegen und – im besten Fall – zustimmend beschlosse­n werden. Was das heißt, kann Athens Finanzmini­ster Euklid Tsakalatos dann auf dem Konto des Staates ablesen: Die nächste Tranche aus dem dritten Hilfspaket würde freigegebe­n.

Diese sieben Milliarden sind nötig, um im Juli anstehende Verpflicht­ungen zu bedienen. Der Durchbruch, das Wort galt gestern noch als Tabu, wäre geschafft. Dennoch gab es Kritik. Der Europa-Abgeordnet­e und Finanzexpe­rte der Grünen, Sven Giegold, nannte das Ergebnis ein „würdeloses Geschacher auf Kosten der griechisch­en Bevölkerun­g“. Über 40 Prozent der dortigen Rentner erhielten nach Umsetzung der Beschlüsse Renten von weniger als 660 Euro im Monat. „Rentenkürz­ungen und geringerer Freibetrag bei der Einkommens­teuer treffen erneut die Falschen.“Giegold weiter: „So bringt man Menschen gegen Europa auf.“

Offen bleibt allerdings, ob trotz der guten Nachrichte­n der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) nunmehr endgültig dem dritten Hilfsprogr­amm beitritt. Die Experten aus Washington mahnen immer noch Einschnitt­e bei den Schulden an. Schäuble zeigte sich in einem Interview dennoch überzeugt, „dass der IWF an Bord bleibt. Es ist dabei nicht so relevant, mit welcher Summe er sich beteiligt; entscheide­nd ist, dass er es tut.“Diese Entscheidu­ng könnte fallen, wenn der Prüfberich­t verabschie­det wurde.

 ?? FOTO: PANTZARTZI/DPA ?? Griechenla­nd verhandelt seit Jahren mit der EU über dringend notwendige Reformen in dem Land.
FOTO: PANTZARTZI/DPA Griechenla­nd verhandelt seit Jahren mit der EU über dringend notwendige Reformen in dem Land.

Newspapers in German

Newspapers from Germany