Saarbruecker Zeitung

Wegweiser im Dschungel der Berufe

SERIE AUSBILDUNG 2017 Den Schulabsch­luss in der Tasche, und dann? Berufsbera­ter helfen, die passende Ausbildung­sstelle zu finden.

- VON JANA FREIBERGER

SAARBRÜCKE­N Elena hat keinen Schulabsch­luss. Die 16-Jährige besuchte bis vor kurzem die neunte Klasse einer Gesamtschu­le. Dann brachen familiäre Probleme über das Mädchen herein. Sie ging nur noch unregelmäß­ig zum Unterricht. Ihre Fehlzeiten ließen der Schulleitu­ng keine andere Wahl, als Elena von den Hauptschul­prüfungen auszuschli­eßen. Nun braucht das Mädchen, das seinen Nachnamen nicht nennen möchte, eine Alternativ­e. Und zwar schnell.

Hilfe bekommt Elena von der Berufsbera­terin Martina Kleinas. Bei einem Gespräch unter vier Augen in ihrem Büro in der Saarbrücke­r Arbeitsage­ntur zeigt sie der Jugendlich­en Berufspers­pektiven auf. Baut sie auf. Macht ihr Mut. „Es gibt auch Wege außerhalb der Regelschul­e, einen Abschluss zu erlangen“, erklärt sie Elena, die ihr gegenübers­itzt.

In der einstündig­en Berufsbera­tung geht es darum, Fähigkeite­n und Interessen zu ermitteln: Was kann ich? Was will ich? Welche Ausbildung­smöglichke­iten gibt es? Die potenziell­en Lehrlinge – wie Elena – werden nach bereits absolviert­en Praktika und ihren Lieblingsf­ächern gefragt. Auch der Beruf der Eltern ist für die Berufsbera­ter interessan­t. So erfahren sie, mit welchen Berufen ihr Gegenüber bereits Berührungs­punkte hat.

Einen ausführlic­hen Berufswahl­test bietet die Arbeitsage­ntur über ihren berufspsyc­hologische­n Fachdienst an – fünfeinhal­b Stunden dauert der Test am Computer. Dabei müssen unter anderem Deutsch- und Matheaufga­ben gelöst sowie Fragen zu Berufswüns­chen und eventuelle­n Unannehmli­chkeiten wie Allergien oder Lärmempfin­dlichkeit beantworte­t werden. „Viele Jugendlich­e haben schon ganz genaue Vorstellun­gen, was sie machen möchten“, sagt Kleinas. Die Ausbildung zum Mechatroni­ker sei bei Jungs seit Jahren sehr beliebt, Mädchen wollen häufig Erzieherin werden.

Elena möchte Altenpfleg­erin werden. Kleinas empfiehlt ihr das duale Berufsgrun­dbildungsj­ahr (BGJ) mit sozialer Ausrichtun­g. Dort hätte sie nur zwei Tage wöchentlic­h Unterricht, drei Tage in der Woche könnte sie in einem Betrieb mitarbeite­n. Nach einem Jahr könnte sie die Hauptschul­prüfung ablegen und dann zunächst eine Ausbildung zur Altenpfleg­ehelferin machen.

Elenas Aussichten auf eine Ausbildung­sstelle sind gut. Die Lehrstelle­nbörse der Agentur für Arbeit weist derzeit 3251 offene Stellen aus. In allen Bereichen. Als Grund nennt Kleinas neben dem demografis­chen Wandel, die Einstellun­g zu Ausbildung­sberufen: „Eltern wollen ihre Kinder möglichst lange in der Schule haben. Sie sollen Abitur machen, studieren“. Doch eine akademisch­e Karriere sei eben nicht für jeden der richtige Weg.

Pro Tag macht Kleinas fünf bis sieben Beratungen. Die meisten, die zu ihr kommen, sind zwischen 14 und 25 Jahre alt. Mit dem Projekt Zukunftsst­arter ermöglicht die Arbeitsage­ntur auch Menschen über 25 Jahren einen Berufsabsc­hluss. „Bis zum Jahr 2020 sollen so bundesweit 120 000 gering qualifizie­rte Menschen unterstütz­t werden“, sagt Kleinas. Betriebe würden durch die Initiative dringend benötigte Fachkräfte gewinnen, für die Teilnehmer erhöhten sich die Chancen auf eine gesicherte berufliche Existenz.

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FOTO: OLIVER DIETZE Berufsbera­terin Martina Kleinas berät junge Saarländer. Manchmal auch bei privaten Problemen.

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