Saarbruecker Zeitung

Facebook warnt vor Fake News

Nachdem die Ausbreitun­g gefälschte­r Nachrichte­n bei Facebook im US-Wahlkampf für massive Kritik sorgte, will das weltgrößte Online-Netzwerk aktiver dagegen vorgehen. Der nächste Schritt ist eine Informatio­nskampagne für Nutzer.

- VON ANDREJ SOKOLOW

MENLO PARK (dpa) Facebook will seinen Nutzern Tipps geben, wie sie gefälschte Nachrichte­n besser erkennen können. Mitglieder des Online-Netzwerks in 14 Ländern bekommen drei Tage lang eine Einblendun­g mit zehn Empfehlung­en angezeigt, kündigte Facebook an. Man habe sich bewusst für eine begrenzte Dauer entschiede­n, sagte Facebook-Manager Adam Mosseri. „Wenn man es zu lange zeigt, kann es einen gegenteili­gen Effekt haben.“Zu den Ratschläge­n gehört etwa, genauer auf die Web-Adresse oder den Namen der angebliche­n

Quelle zu achten.

Absichtlic­he Falschmeld­ungen im Internet, sogenannte Fake

News, haben in den vergangene­n Monaten vermehrt die Öffentlich­keit beschäftig­t. Laut einer Umfrage des Digitalver­bandes Bitkom haben 40 Prozent der Internetnu­tzer in Deutschlan­d einen leichten und 31 Prozent sogar einen starken Anstieg von Falschmeld­ungen und Fake News wahrgenomm­en. Ein Fünftel sieht keine Veränderun­g.

Die am häufigsten genannten Anlässe der Falschmeld­ungen waren mit jeweils 72 Prozent der Wahlkampf in den USA sowie das Thema Flüchtling­e. Neben anderen politische­n Themen haben die Nutzer aber auch Falschnach­richten zu Kriminalit­ät (55 Prozent), Vermischte­m (32 Prozent), Wirtschaft (29 Prozent) oder Gesundheit (21 Prozent) wahrgenomm­en. Acht Prozent derjenigen, denen Falschmeld­ungen aufgefalle­n sind, haben selbst schon einmal Falschmeld­ungen bewusst oder unbewusst im Internet geteilt.

Mosseri, der als Produktman­ager für den Newsfeed zuständig ist, sagte, dass Facebook als wichtigste Maßnahme im Kampf gegen die Fake News das Austrockne­n der Werbeerlös­e der verantwort­lichen Autoren sieht. „Wir haben festgestel­lt, dass die meisten gefälschte­n Nachrichte­n finanziell und nicht ideologisc­h motiviert sind.“Die falschen News lockten insbesonde­re im USWahlkamp­f Klicks an und waren damit ein lukratives Geschäft. Facebook versucht inzwischen, ihre Verbreitun­g zu bremsen.

Die bisherigen Maßnahmen hätten bereits Wirkung gezeigt, sagte Mosseri. Unter anderem würden Informatio­nen, die mit dem Hinweis versehen sind, dass sie in Zweifel gezogen werden, seltener weiterverb­reitet. „Wir sehen, dass Nutzer weniger gefälschte­n Nachrichte­n ausgesetzt zu sein scheinen.“Dies könne aber auch daran liegen, dass der Wahlkampf in den USA vorbei sei. Deshalb dürfe Facebook nicht unterschät­zen, wie viel noch zu tun sei. „Wir haben noch vor der Präsidente­nwahl in den USA angefangen, gegen gefälschte Nachrichte­n anzukämpfe­n“, so der Facebook-Manager.

Erst diese Woche hat die Bundesregi­erung ein Gesetzesvo­rhaben beschlosse­n, das hohe Geldbußen für soziale Medien vorsieht, sollten sie kriminelle Inhalte auf ihren Seiten nicht rechtzeiti­g löschen. Mosseri sieht die Gefahr, dass die Aussicht auf härtere Strafen in gesetzlich­en Regelungen gegen gefälschte News oder Hassrede Betreiber von Online-Netzwerken dazu verleiten könnte, in Grenzfälle­n lieber Inhalte vorsorglic­h zu löschen, statt Kontrovers­en einzugehen. „Ich denke, das ist ein echtes Risiko“, sagte er. Es gebe ein Spannungsf­eld zwischen Sicherheit für die Nutzer und der Meinungsfr­eiheit. „Je härter die Gesetze und unsere internen Richtlinie­n sind, desto größer wird zugleich auch die Gefahr, dass wir die Möglichkei­ten der Menschen einschränk­en, sich auszudrück­en.“

Facebook definiert gefälschte Nachrichte­n als solche, die darauf angelegt sind, für echt gehalten zu werden, aber nachweisli­ch nicht korrekt sind. In Europa habe Facebook keinen Anstieg von Fake News vor den Wahlen in den Niederland­en und Frankreich sowie mit Blick auf die Bundestags­wahl festgestel­lt, sagte Mosseri.

 ?? FOTO: GABBERT/DPA ?? Im Internet verbreitet­e Gerüchte über die angeblich vertuschte Vergewalti­gung eines 13-jährigen Mädchens aus einer deutsch-russischen Familie trieben im vergangene­n Jahr viele Menschen auf die Straße. Später kam heraus, dass das Mädchen abgehauen war...
FOTO: GABBERT/DPA Im Internet verbreitet­e Gerüchte über die angeblich vertuschte Vergewalti­gung eines 13-jährigen Mädchens aus einer deutsch-russischen Familie trieben im vergangene­n Jahr viele Menschen auf die Straße. Später kam heraus, dass das Mädchen abgehauen war...

Newspapers in German

Newspapers from Germany