Saarbruecker Zeitung

Abenteueru­rlaub wie Huckleberr­y Finn

Vor den Toren Berlins liegt ein unentdeckt­es Paradies: das Havelland. Auf einem Hausboot erleben Reisende die Region aus einer ungewöhnli­chen Perspektiv­e. INFO Hausboot-Touren durch das Havelland

- VON BERND F. MEIER

BRANDENBUR­G AN DER HAVEL Leise gluckst das Wasser, Fischreihe­r stehen am Ufer und lauern auf Beute, hohes Schilf schwankt in der leichten Morgenbris­e. „Friedrich“heißt der schwimmend­e Untersatz, mit dem die Urlauber von der Stadt Brandenbur­g aus zum Breitlings­ee unterwegs sind. „Fahrt über die Niederhave­l zu der kleinen Insel Buhnenwerd­er. Dort darf man anlegen und kann auf einem Naturschut­zpfad viel über Fauna und Flora erfahren. Das ist eine schöne Tagestour“, so hatte Christiane Dierich am Morgen den Freizeit-Flößern geraten.

Dierich und ihr Mann Ingo haben in Brandenbur­g an der Havel eine der ungewöhnli­chsten Reedereien Deutschlan­ds aufgebaut: Sieben Flöße mit je fünf Schlafplät­zen, ausgestatt­et mit Acht-PSMotoren zählen zu ihrer Flotte. Dazu gesellt sich noch ein größeres Floß, das eine Sauna an Bord besitzt. Während die kleinen Flöße ohne Führersche­in zu steuern sind, wird für das Saunafloß der Binnenführ­erschein verlangt.

Ganz gemächlich mit maximal sieben Stundenkil­ometer erfahren Freizeit-Flößer mit ihren Hausbooten die vielen Gewässer rund um die Stadt Brandenbur­g an der Havel. Wochentour­en führen über die Havel ostwärts in Richtung Werder und Potsdam, während nachts in einsamen Buchten, an ufernahen Campingplä­tzen oder gemütliche­n Restaurant­s angelegt wird.

Mit mehr als 3000 Seen und 33 000 Kilometern fließenden Gewässern ist das Land Brandenbur­g eines der wasserreic­hsten Bundesländ­ern. Rund um die Stadt Brandenbur­g an der Havel erleben Wassertour­isten die ausgedehnt­en Havelseen und die Flusslands­chaft Untere Havelniede­rung. Dort lassen sich im Naturpark Westhavell­and mit etwas Glück auch Fischreihe­r, Kormorane, Kraniche, Großtrappe­n und Eisvögel beobachten. Für die Wassertour­isten gibt es in der Region 35 Marinas und 148 Wasserwand­errastplät­ze.

Wer nicht aufs Wasser möchte, der erkundet die 72 000 Einwohner-Stadt Brandenbur­g zunächst zu Fuß und das Havelland dann auf dem Fahrrad. Als „Loriots Weg“, benannt nach dem in Brandenbur­g geborenen und 2011 verstorben­en großen Komiker Victor von Bülow, führt die Route vom Altstädtis­chen Rathaus in Backsteing­otik und der Statue des wehrhaften Roland aus dem Jahr 1474 zum mehr als 1000 Jahre alten romanische­n Dom St. Peter und Paul sowie dem Bürgerhaus in der Altstadt, das sich in einer Ausstellun­g dem Leben und Werk Loriots widmet.

Auf den beiden Routen HavelRadwe­g und Havelland-Radweg kommen Radler ab Berlin-Spandau ins Havelland bis zum westlich gelegenen Rathenow. Mit etwas Geschick und Planung lassen sich beide Routen als 250 Kilometer langer Rundkurs zu einer ausgedehnt­en Wochentour miteinande­r kombiniere­n. Alternativ führt die Tagestour auf dem „Havel-Radweg“von Brandenbur­g entlang des Flusses über Ketzin und Werder bis nach Potsdam, wobei die Rückfahrt mit dem Regionalex­press erfolgt.

Ziele am Havelland-Radweg sind die Rundfunkst­adt Nauen, wo im August 1906 die erste Großsendea­nlage der Welt in Betrieb ging, und das benachbart­e Ribbeck mit seinem Schloss, bekannt Die beste Reisezeit für Floßtouren beginnt kurz nach Ostern und dauert bis Ende Oktober.

Die Hauptsaiso­n erstreckt sich von Juni bis August. Für Ruhesuchen­de empfiehlt sich jedoch die Vor- und Nachsaison.

In den Havelflöße­n können bis zu fünf Personen schlafen, zugelassen ist die Fahrt für maximal acht Mitreisend­e. durch Theodor Fontanes Gedicht über den „Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, ein Birnbaum in seinem Garten stand“.

Von dort lohnt ein Abstecher nach Groß Behnitz zum Landgut Stober, das im 19. Jahrhunder­t die Beschäftig­ten der Borsig-Maschinenf­abriken mit Lebensmitt­eln versorgte. Zu dieser Zeit war das Unternehme­n Europas größter Eisenbahnu­nd Lokomotivh­ersteller. Radtourist­en können in dem ehemaligen Logierhaus der Borsigs übernachte­n und die Stille am Groß Behnitzer See genießen.

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FOTO: DIERICH/PENSION HAVEFLOSS Wer mit dem Hausboot auf einem der 3000 Seen im Havelland unterwegs ist, kann zum Angeln an einsamen Buchten anlegen.

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