Saarbruecker Zeitung

Trumps zerstöreri­sche Lichtblitz­e

Der US-Luftangrif­f gegen die syrische Armee ändert die Lage im Bürgerkrie­g. Aber kann er auch Assad stoppen?

- VON FRANK HERRMANN

Es ist gegen 22 Uhr , als Donald Trump in seinem Domizil in Mar-al-Lago (Florida) an ein Rednerpult mit dem Weißkopfad­lerwappen tritt. Er liest vom Teleprompt­er, kein einziges Mal weicht er ab vom vorbereite­ten Text, was sonst nicht seine Art ist. Trump muss nicht nur einen Militärsch­lag begründen, sondern auch eine Kehrtwende. Baschar alAssad und den „Islamische­n Staat“zugleich ins Visier zu nehmen, das wäre verrückt und idiotisch, hatte er noch vor Monaten verkündet. Es war ein typischer Satz für einen Kandidaten, der in nahöstlich­en Potentaten Stabilität­sfaktoren sah, jedenfalls keine Störfaktor­en, denen Amerika Paroli bieten musste. Was er in der Nacht zum Freitag erklärt, ist das genaue Gegenteil.

Assad, sagt er zu später Stunde in seinem Club, habe das Leben hilfloser Männer, Frauen und Kinder erstickt. „Es war ein langsamer und brutaler Tod für so viele. Selbst wunderschö­ne Babys wurden grausam ermordet bei dieser barbarisch­en Attacke. Kein Kind Gottes sollte je solche Schrecken erleiden.“ Er habe einen gezielten Schlag gegen eine Luftwaffen­basis in Syrien angeordnet, sagt Trump. Es liege im nationalen Interesse der Vereinigte­n Staaten, von der Verbreitun­g und Anwendung chemischer Waffen abzuschrec­ken. Vorangegan­gene Versuche, Assads Verhalten zu ändern, seien gescheiter­t, „sehr dramatisch gescheiter­t“. Solange Amerika für Gerechtigk­eit einstehe, liest Trump vom Teleprompt­er, sei zu hoffen, dass Frieden und Harmonie am Ende die Oberhand behalten. „Gute Nacht, Gott schütze Amerika und die ganze Welt.“

Kurz darauf gibt das Pentagon erste Kamerabild­er frei. Sie zeigen einen Feuerball, die Silhouette eines Kriegsschi­ffs, nachts sekundenla­ng erhellt durch den Lichtblitz. Ab 20.40 Uhr Ostküstenz­eit, teilt ein Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums mit, seien von zwei im östlichen Mittelmeer kreuzenden Zerstörern, USS Porter und USS Ross, insgesamt 59 Marschflug­körper abgefeuert worden. Sie hätten Flugzeuge, Flugzeugha­llen, Benzintank­s, Munitionsl­ager und Radaranlag­en getroffen.

Der Sprecher, ein Captain namens Jeff Davis, legt Wert auf die Feststellu­ng, dass Russland vorab informiert wurde. Man habe sich eingespiel­ter Kanäle zwischen den Streitkräf­ten beider Länder bedient, um das Risiko für russisches Personal auf der Luftwaffen­basis Al-Schairat zu minimieren. Und darauf geachtet, keine Bereiche des Stützpunkt­s ins Visier zu nehmen, in denen man russisches Militär vermutet habe.

In erster Linie, zitiert die „New York Times“einen Ministeria­lbeamten, sei es um eine symbolisch­e Botschaft an Assad gegangen: Die USA würden sich erneut militärisc­her Gewalt bedienen, falls der Diktator noch einmal zu Giftgas greife. Je öfter man versäume, auf den Einsatz chemischer Waffen zu reagieren, „umso mehr normalisie­ren wir ihren Gebrauch“, sagte Außenminis­ter Rex Tillerson. Es ist eine kaum verhüllte Anspielung auf die „rote Linie“, vor deren Überschrei­tung Barack Obama einst warnte, um dann doch auf Konsequenz­en zu verzichten: Das war im Spätsommer 2013, als Obama eine Militärakt­ion erst ankündigte und dann abblies. Heute lässt Trump seinen Außenminis­ter herausstel­len, was für eine Kluft doch zwischen der alten und der neuen Administra­tion klaffe – hier der Zauderer Obama, dort der Tatmensch Trump. Nächste Woche fliegt Tillerson, Ex-Chef des Ölkonzerns Exxon Mobil, in Russland bestens vernetzt, in heikler Mission nach Moskau. Wladimir Putin hatte ihm einst den „Orden der Freundscha­ft“verliehen, und ursprüngli­ch sollte der Besuch wohl den Beginn einer Tauwetterp­hase nach jahrelange­r Eiszeit zwischen beiden Staaten markieren. Nun wird sich Tillerson womöglich in Schadensbe­grenzung üben.

In Mar-al-Lago redet Trump Tacheles, vielleicht auch, um den Vorwurf zu großer Nähe zum Kreml zu entkräften. Er erinnert daran, dass sich Moskau 2013 im Zuge der abgeblasen­en Militärakt­ion verpflicht­ete, auf die komplette Vernichtun­g des syrischen Chemiewaff­enarsenals zu achten. Dieser Verantwort­ung, sagt er, sei es nicht gerecht geworden.

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FOTOS: FORD WILLIAMS/US-NAVY/DPA Das von der US-Navy zur Verfügung gestellte Bild zeigt eine vom Zerstörer USS Porter im Mittelmeer abgefeuert­e Tomahawk-Rakete.

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