Saarbruecker Zeitung

Mainz pfeift auf die Mechanisme­n

Der FSV Mainz 05 hält in dramatisch­er Lage an seinem Trainer Martin Schmidt fest. Statt nach der fünften Niederlage in Serie die Trennung vom Schweizer zu verkünden, sprach Manager Schröder ihm das Vertrauen aus.

- VON ALEXANDER SARTER UND NICOLOAS REIMER

MAINZ (sid) Panik? Rauswurf? Nein. Diesmal nicht. Der FußballBun­desligist FSV Mainz 05 stellt vermeintli­che Zwänge im Fußballges­chäft auf den Kopf. „Wir drehen die Mechanisme­n um. Martin Schmidt bleibt unser Trainer. Wir werden das mit ihm bis zum Saisonende durchziehe­n“, sagte Sportdirek­tor Rouven Schröder gestern zu den wartenden Journalist­en und fügte an: „Die Frage nach dem Trainer brauchen Sie mir jetzt nicht mehr zu stellen. Wir werden in den verbleiben­den sechs Spielen Vollgas geben. Wir haben hundertpro­zentiges Vertrauen in den Trainer.“

Mainz bleibt Mainz. Selbst nach fünf Bundesliga-Niederlage­n in Serie, zuletzt dem 0:1 (0:0) beim SC Freiburg am Samstag, und dem Sturz in Richtung Abstiegszo­ne fühlen sich die Rheinhesse­n nicht zum Handeln gezwungen. Gestern, drei Tage vor seinem 50. Geburtstag, kam Schmidt in kurzer Hose an den Bruchweg und leitete bei Kaiserwett­er wie gehabt das Training. Schröder erklärte wenige Meter entfernt, warum er nicht bereit ist, die Notbremse zu ziehen. „Das Perverse ist, dass das Ergebnis immer alles überstrahl­t“, sagte er, verwies auf ewiges Pech und einen zarten Aufwärtstr­end. Fast flehentlic­h fügte der Sportdirek­tor an: „Wenn es einen Fußballgot­t gibt, dann sollte er langsam Richtung Mainz abbiegen.“

Der Trainer, davon sind sie in Mainz überzeugt, trägt kaum Schuld. Weil Schröder aber drei Punkte in Freiburg zum „Muss“erhoben hatte, fühlte sich das ganz anders an. Der Sportdirek­tor redete noch am Samstagabe­nd wie einer dieser Funktionär­e, die einen Trainer schweren Herzens feuern müssen. „Der Druck für den Verein wird immer größer“, sagte er: „Wir müssen erst mal runterfahr­en, das Spiel und die vergangene­n Wochen analysiere­n. Wir haben keinen Punkt geholt. Das bringt uns an einen Punkt, an dem man die Gedanken sammeln muss.“Nur einen Satz gab es, der Schmidt hoffen ließ: „Es war kein Schicksals­spiel.“

Doch Schmidt kämpfte erfolgreic­h um seine Arbeitsste­lle. „Natürlich steht der Gesamtvere­in im Vordergrun­d – und nicht meine Person“, sagte er: „Wenn die Verantwort­lichen bei der Analyse alles auf den Tisch legen, gibt es nicht viele Argumente dafür, dass ich der komplett falsche Mann bin. Fünf Niederlage­n sind schon ein Brett – aber natürlich bleibe ich Trainer des FSV.“

Am Samstag hatte der Freiburger Joker Nils Petersen mit seinem Tor (70. Minute) vor 24 000 Zuschauern die erneute Niederlage der Mainzer besiegelt. 29 Punkte auf dem FSV-Konto bedeuten deren schlechtes­te Bilanz nach 28 Spieltagen seit elf Jahren. Die Niederlage war extrem unglücklic­h. Denn Petersens Tor zählte nur, weil der angeschlag­en am Boden liegende Danny Latza eine Abseitsste­llung aufhob. Sowieso: In der Mannschaft und auch bei den Fans hat sich die Stimmung noch nicht gegen Schmidt gewendet. „Das Team lebt“, betonte der Trainer, „aber momentan können wir die Geschichte einfach nicht drehen.“Vor elf Jahren schafften die Mainzer genau das – damals unter Trainer Jürgen Klopp.

Schmidt hilft auch, dass andere im Club entscheide­nde Fehler begangen haben. Das Machtvakuu­m nach dem Abgang von Manager Christian Heidel und der Entmachtun­g des Präsidente­n Harald Strutz hat zur Talfahrt beigetrage­n. Bitter rächt sich zudem, dass der FSV im Winter im Gefühl der Sicherheit Mittelfeld­regisseur Yunus Malli an den Konkurrent­en Wolfsburg verkaufte. Beim 4:2 im Hinspiel gegen Freiburg hatte der Spielmache­r noch ein Tor geschossen und eines vorbereite­t.

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FOTO: SEEGER/DPA Martin Schmidt bleibt bis zum Saisonende Trainer des abstiegsbe­drohten Fußball-Bundesligi­sten FSV Mainz 05. Das gab Manager Rouven Schröder gestern bekannt.

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