„Das könnte tiefe Spuren hinterlassen“
SAARBRÜCKEN Der Anschlag auf den BVB-Mannschaftsbus könnte langfristige Folgen für den ProfiSport haben, meint Professor Oliver Schumann von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement. Er ist Sportpsychologe am Olympiastützpunkt in Saarbrücken.
Herr Schumann, einen Tag nach dem Anschlag schon wieder antreten – war das seitens der Verantwortlichen eine gute Idee aus sportpsychologischer Sicht? SCHUMANN Ich will mir nicht anmaßen, die Regularien zu kommentieren. Aufgrund der Festlegung galt es dann, mit den Umständen umzugehen. Aus sportpsychologischer Sicht galt es, den Fokus aufrecht zu erhalten. Ich glaube, dass die Mannschaft so besser abgeschottet werden konnte. Wenn eine Woche vergangen wäre, wäre die Konzentration vielleicht verloren gegangen und weitere Details hätten die Spieler verunsichern können.
Sind Profi-Sportler besser auf traumatische Situationen vorbereitet als „normale“Menschen?
SCHUMANN Sportler sind grade auf Leistungsniveau immer wieder mit Drucksituationen konfrontiert und daher sicher mit mehr Belastbarkeit ausgestattet als Otto-Normal-Verbraucher. Aber Anschläge sind außergewöhnliche Extremsituationen, die eine Existenzbedrohung bedeuten. So etwas wird bislang nicht simuliert oder diskutiert in der Sportpsychologie. Dieser Anschlag könnte das jetzt ändern.
Die Polizei geht von einem islamistischen Terror-Anschlag aus. Wie können die Sportler künftig darauf vorbereitet werden, Ziele zu sein? SCHUMANN Die potenzielle Gefahr ist ja schon länger im nationalen Bewusstsein, spätestens seit den Anschlägen in Paris. Die Frage ist spekulativ, auch weil jeder Spieler individuell damit umgeht. Wir stehen noch am Anfang, ob und wie man Spieler in Zukunft auf solche Situationen vorbereiten sollte. Fraglich ist, ob es auch die Sportpsychologie verändern sollte, denn es ist eine Form der Gewalt, die so noch nicht im Sport durchgedrungen war. Das ist etwas Neues, müsste diskutiert werden und könnte tiefe Spuren hinterlassen, auch für die mentale Vorbereitung der Spieler.
Die Fragen stellte Frauke Scholl.