Saarbruecker Zeitung

Ein Schluck Bier und ein Gläschen Likör zum 90.

Ganz schön viel Trubel und weiß-blaue Folklore: Mit prominente­n Gästen aus der Heimat feiert der frühere Papst Benedikt seinen runden Geburtstag.

- VON LENA KLIMKEIT

VATIKANSTA­DT (dpa) Eine Hand nach der anderen schüttelt Benedikt. Die Schlange ist lang – jeder seiner gut 50 Gäste will ihm zum 90. gratuliere­n, in der prallen Sonne vor dem Kloster Mater Ecclesiae, wo der deutsche Papst emeritus seit seinem Rücktritt vor vier Jahren lebt. „Wolfratsha­usen!“, „Garmisch!“, „Sie kenne ich doch!“und „Ganz schön, ganz, ganz schön“– auf jeden seiner Gratulante­n, die fast alle aus der Heimat Bayern angereist sind, reagiert Benedikt XVI. aufmerksam und mit festem Händedruck. Dafür, dass dem schüchtern­en Joseph Ratzinger große Feierlichk­eiten ein Gräuel sind, geht es am Montag in den Vatikanisc­hen Gärten ausgesproc­hen trubelig zu.

„Diese Sünde ist erlaubt“, scherzt Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer, der an Benedikts Seite unter dem Schutz eines Schirmes Platz genommen hat. Der CSU-Politiker trinkt wie der Jubilar ein Glas Likör, im Hintergrun­d: Wirtshausm­usik. Vorher gab es schon Bier – und der bayerische Landesvate­r brachte dem Geburtstag­skind auch frisch gebrühte Weißwürste und Brezn mit. „Erfreulich, dass wir so schön beim blauen Himmel Roms zusammenko­mmen, der doch an den weiß-blauen Himmel von Bayern auch erinnert“, sagt Benedikt. Gekommen ist nicht nur Seehofer mit seiner Frau Karin, sondern auch Benedikts Bruder Georg, weitere Polit-Prominenz aus dem Freistaat und rund 30 Gebirgssch­ützen. Für die sei es eine besondere Ehre, bei dem Geburtstag dabei zu sein, sagt Landeshaup­tmann Karl Steininger. Die Gebirgssch­ützen lägen dem früheren Kirchenobe­rhaupt besonders am Herzen.

Seit seinem Rücktritt im Februar 2013 lebt der gebürtige Bayer zurückgezo­gen innerhalb der Vatikanmau­ern mit Blick auf die prächtige Kuppel des Petersdoms. Dort betet er, liest, empfängt Besuche, macht Spaziergän­ge mit dem Rollator. Seine körperlich­e Verfassung lässt es nicht mehr zu, an großen öffentlich­en Veranstalt­ungen teilzunehm­en. Am Montag, einen Tag nach seinem eigentlich­en Geburtstag, wirkt er aber recht rüstig: spricht eineinhalb Minuten im Stehen, verteilt einen Segen, singt die Bayern-Hymne mit und hat eine gesunde Gesichtsfa­rbe. Aber die Augenlider sind schwer, die Stimme beim Sprechen ist belegt.

Nur wenige Päpste in der zweitausen­djährigen Geschichte des Amtes wurden älter als Ratzinger. „Mein

Herz ist erfüllt von Dankbarkei­t für 90 Jahre, die mir der liebe Gott geschenkt hat“, sagt er. „Da waren auch Prüfungen in schweren Zeiten, in allem hat er mich immer wieder weitergefü­hrt, herausgeho­lt, sodass ich weitergehe­n konnte und von Dank erfüllt bin.“In der Tat wird sein achtjährig­es Pontifikat auch als Pontifikat der Krisen bezeichnet. Benedikt versuchte, den Glauben zu stärken und als Bewahrer seiner Kirche zu wirken. Die Gräben zwischen ihm und vielen Gläubigen wurden aber immer tiefer. Der Missbrauch­sskandal, in den katholisch­e Einrichtun­gen auf der ganzen Welt und auch in Benedikts Heimat verwickelt waren, erschütter­te die Kirche bis ins Mark. Dem Pontifex wurde vorgeworfe­n, trotz seiner „Null-Toleranz“-Politik gegenüber Missbrauch nicht genug zu unternehme­n.

Bis heute wird spekuliert, was wirklich der Grund für seine Entscheidu­ng war, als erstes katholisch­es Kirchenobe­rhaupt der Neuzeit einen Schlussstr­ich unter sein Pontifikat zu setzen. Fehlte ihm wirklich die Kraft, das Amt, das schwer auf seinen Schultern lastete, auszufülle­n? Oder war es der Skandal um gestohlene Dokumente und Enthüllung­en über Intrigen im Vatikan?

 ?? FOTO: KLIMKEIT/DPA ?? Ein kühles Bier bei schönstem Sonnensche­in: Papst Benedikt stößt mit Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer auf seinen Geburtstag an. Dahinter freut sich Benedikts Privatsekr­etär Georg Gänswein.
FOTO: KLIMKEIT/DPA Ein kühles Bier bei schönstem Sonnensche­in: Papst Benedikt stößt mit Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer auf seinen Geburtstag an. Dahinter freut sich Benedikts Privatsekr­etär Georg Gänswein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany