Saarbruecker Zeitung

Was heißt das jetzt für Europa?

Die Demokratie à la Erdogan hat in EU und Nato eine ungewisse Zukunft.

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BRÜSSEL/ANKARA (dpa) Von der Flüchtling­skrise bis zum SyrienKonf­likt: Die Türkei ist für die EU und die Nato ein wichtiger Partner und Alliierter. Kann das nach dem Referendum weiter so sein? Hier einige Antworten.

Muss die EU die Beitrittsv­erhandlung­en nun endgültig abbrechen? Nein, nicht automatisc­h. Denkbar ist zwar, dass das EU-Parlament mit einer Resolution den Abbruch der Gespräche fordert. Die zuständige­n Regierunge­n der EUStaaten müssen Forderunge­n des Parlaments in der Außenpolit­ik allerdings nicht nachkommen.

Wäre der Abbruch der Beitrittsv­erhandlung­en eine echte Option? Wenn sich alle 28 Mitgliedst­aaten einig wären, wäre ein Abbruch möglich. Die EU-Kommission und auch die Bundesregi­erung waren bis zuletzt aber der Meinung, dass ein kompletter Wegfall der EU-Beitrittsp­erspektive dazu führen könnte, dass sich die Türkei noch stärker Russland zuwendet und keinerlei Bestrebung­en mehr zeigt, sich bei Themen wie Rechtsstaa­tlichkeit und Menschenre­chte an europäisch­e Standards zu halten. Derzeit gibt es deswegen für die Beitrittsv­erhandlung­en nur ein einziges K.o.Kriterium: die von Erdogan erwogene Wiedereinf­ührung der Todesstraf­e. Eine Alternativ­e zum Abbruch der Verhandlun­gen wäre es, die Gespräche offiziell auszusetze­n. Dafür bräuchte es keine Einstimmig­keit. Es würde ausreichen, wenn 16 Länder zustimmen, sofern diese 65 Prozent aller EU-Bürger vertreten.

Spielen bei den Überlegung­en der EU auch die Vereinbaru­ngen zur Flüchtling­skrise eine Rolle? Zumindest am Rande. Die Türkei ist immer noch einer der wichtigste­n Partner in dem Bereich – auch wenn nach Meinung vieler Experten vor allem die Grenzschli­eßungen auf der Balkanrout­e zum Ende des großen Flüchtling­szustroms geführt haben. Die Türkei beherbergt derzeit rund drei Millionen Menschen aus Ländern wie Syrien oder dem Irak.

Was bedeutet der Ausgang des Referendum­s für die Nato?

Für die Verteidigu­ngsallianz ist es enorm wichtig, dass die Türkei ein verlässlic­her Bündnispar­tner bleibt. Das Land an der Schnittste­lle zwischen Europa, Asien und Nahost hat von den Mitgliedst­aaten die zweitgrößt­e Armee, von Incirlik aus fliegen Alliierte Angriffe auf die Terrormili­z IS, und im Südosten des Landes steht ein wichtiges Nato-Raketenabw­ehrradar.

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FOTO: BULBUL/PPPS/DPA Erdogan und seine Frau Emine ließen sich am Sonntagabe­nd in Istanbul feiern.

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