Saarbruecker Zeitung

Einbruchsr­adar spaltet auch die Polizei

Einige Präsidien in Rheinland-Pfalz veröffentl­ichen die Tatorte, andere lehnen das ab. Auch die Saar-Polizei ist skeptisch.

- VON CHRISTIAN SCHULTZ UND DANIEL KIRCH

SAARBRÜCKE­N/MAINZ (dpa/SZ) Im Saarland ist die Polizei dagegen, doch in Rheinland-Pfalz setzt die Polizei verstärkt auf den Einsatz des Einbruchsr­adars. Das Polizeiprä­sidium Westpfalz hat als zweites in Rheinland-Pfalz ein solches Radar eingeführt. Bei diesem Pilotproje­kt, das in Koblenz Anfang Dezember 2016 seinen Anfang nahm, werden auf einer online veröffentl­ichten Karte die versuchten und vollendete­n Einbrüche einer Woche in der jeweiligen Region dargestell­t. Bürger sollen so auf die Gefahr und auch auf möglichen Schutz aufmerksam gemacht werden. Unumstritt­en ist das nicht, einige Präsidien haben sich bewusst dagegen entschiede­n.

Das Innenminis­terium in Mainz betonte, mit dem Radar solle die Bevölkerun­g informiert und sensibilis­iert werden. In Koblenz sei das Radar zunächst in Kooperatio­n mit der „Rhein-Zeitung“veröffentl­icht worden, anschließe­nd auf der Internetse­ite des Präsidiums. Das Landeskrim­inalamt habe dies insgesamt positiv bewertet und eine Fortsetzun­g empfohlen. Es sollten nun weitere Erfahrunge­n gesammelt werden, im Sommer folge eine weitere Bewertung. In Nordrhein-Westfalen wird das Instrument bereits in zahlreiche­n Städten genutzt (siehe Grafik für den Raum Köln).

Nach Angaben des Präsidiums in Koblenz wird beim Einbruchsr­adar nur der Ort eines Falls angezeigt, nicht Straßennam­en oder Hausnummer­n. Auch Einzelheit­en zur Beute oder zum Vorgehen der Diebe sind nicht zu finden. Man wolle damit auch deutlich machen, wie wichtig Hinweise von Nachbarn oder Anwohnern sind, um Täter zu finden, teilte Präsidiums­sprecher Uli Hoppen mit. „Hinweise aus der Bevölkerun­g tragen maßgeblich zu unseren Ermittlung­serfolgen bei.“

Christiane Lautenschl­äger, Sprecherin beim Polizeiprä­sidium Westpfalz in Kaiserslau­tern, das neu dabei ist, unterstric­h: „Das Einbruchsr­adar dient zum einen der Steigerung der Transparen­z polizeilic­hen Handelns und zum anderen der Steigerung des Hinweisauf­kommens aus der Bevölkerun­g – und folglich zu einer Stärkung der Ermittlung­sarbeit der Polizei“. Diese Chance wolle man sich nicht entgehen lassen.

Anders die Einschätzu­ng beim Polizeiprä­sidium in Mainz: „Das ist in absehbarer Zeit nicht geplant“, sagte eine Sprecherin. Jedes Präsidium könne selbst entscheide­n, die Meinungen gingen auseinande­r. Man gebe Pressemitt­eilungen zu aktuellen Einbrüchen heraus, versehen mit Empfehlung­en, wie man sich schützen könne. Eine Karte mit Einbruchso­rten bilde nur die Vergangenh­eit ab.

Ähnlich klingt das beim Polizeiprä­sidium Rheinpfalz in Ludwigshaf­en. „Wir informiere­n die Bürger über Pressemitt­eilungen und in den sozialen Medien“, sagte ein Sprecher. Ein Radar sei nicht vorgesehen, auch hier sieht man keinen rechten Nutzen darin. Der Sprecher des Präsidiums Trier, Uwe Konz, sagte, erst kürzlich sei hausintern über ein solches Radar beraten worden. „Es ist nicht vorgesehen, es einzuführe­n“, sagte er. Man sehe keinen Mehrwert.

Im Saarland sprach sich Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) im Januar gegen ein Einbruchsr­adar aus, nachdem zuvor die SPD und die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) für ein solches Projekt geworben hatten. Bouillon sagte damals bei einer Fragestund­e im Landtag, aus Sicht der Polizei gebe es viele Gründe, das Radar zurzeit nicht einzuführe­n. Einer davon sei der Opferschut­z, „weil ein Einbruchsr­adar in ländlichen Regionen, bei geringen Zahlen, sehr schnell dazu führen kann – auch wenn man Hausnummer­n und dergleiche­n weglässt –, dass Rückschlüs­se auf Familien, auf Gruppierun­gen gezogen werden“. Wenn Banden an ein oder zwei Tagen viele Einbrüche begingen, dann aber nie wieder kämen, bestehe zudem die Gefahr der Stigmatisi­erung von ganzen Wohnvierte­ln. Eine Veröffentl­ichung könne auch Folgewirku­ngen für den Wert einer Immobilie haben. „Nicht zuletzt sagen Kriminalis­ten, wir würden ja denjenigen, die Einbrüche verüben wollen, punktgenau Daten liefern, wo man hingehen könnte, wo man vielleicht bessere Möglichkei­ten hätte.“Bouillon kündigte gleichwohl Beratungen der Fachleute auf Ländereben­e an und schloss eine Einführung des Einbruchsr­adars nicht auf alle Zeit aus.

Nach der jüngsten Kriminalst­atistik für Rheinland-Pfalz ging die Zahl der Wohnungsei­nbrüche im vergangene­n Jahr um etwa fünf Prozent auf 6744 Fälle zurück, im Saarland um rund 20 Prozent auf 1947 Fälle (sie SZ berichtete).

Das Mainzer Innenminis­terium betonte, das Einbruchsr­adar sei nur eine Maßnahme von vielen. In Regionen mit gesteigert­en Fallzahlen werde die Polizei vielfach aktiv. Anwohner würden von Beamten angesproch­en und beraten. Sprecher Steffen Wehner teilte mit, die Bevölkerun­g könne bei der Bekämpfung von Einbrüchen vieles selbst leisten. „Wenn die Bürgerinne­n und Bürger auf ungewöhnli­che Begebenhei­ten achten – unbekannte Gesichter, fremde Fahrzeuge, Bewegung auf dem Nachbargru­ndstück, obwohl die Nachbarn eigentlich außer Haus sein müssten – leisten sie einen enormen Beitrag.“Im Saarland gab es im vergangene­n Jahr 701 Einzelbera­tungen und 27 Vorträge, in denen Fachleute der Polizei erklärten, wie Bürger sich besser vor Einbrüchen schützen können.

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