Beim Rangieren nahm er die Ampel mit
SERIE 125 JAHRE GESELLSCHAFT FÜR STRASSENBAHNEN IM SAARTAL – TEIL 4: DER EHEMALIGE STRASSENBAHNFAHRER HERBERT WEINLAND Wenn Herbert Weinland Geschichten aus seinem bewegten Berufsleben erzählt, wird es seinen Zuhörern so schnell nicht langweilig.
SAARBRÜCKEN Herbert Weinland ist Saarbrückens ältester Straßenbahnfahrer. 1930 hier geboren und hier aufgewachsen. Im Krieg war er als Jugendlicher für mehrere Stunden verschüttet. Einige Zeit war er während der Kinderlandverschickung im Riesengebirge. In der Besatzung verhalf er einem Gefangenen zur Flucht. Und 1960 fuhr er zum letzten Mal eine Straßenbahn.
Herbert Weinland blickt auf ein bewegtes Leben zurück. Seit 60 Jahren verheiratet, vier Kinder und vier Enkel. Er kennt die Geschichte der Straßenbahnen in Saarbrücken wie kaum ein anderer und hat dazu einige Anekdoten auf Lager. Weinland ist während seines Berufslebens alle Strecken der Straßenbahnen im Saartal AG gefahren. „Beruflich habe ich zunächst eine Bäckerlehre abgeschlossen. Das war 1949. Als Geselle war der Verdienst damals sehr schlecht“, erzählt der rüstige Mann. Am 1. Oktober 1950 begann er bei den Straßenbahnen im Saartal. Sein Onkel war damals bereits Straßenbahnfahrer. Von 1950 bis 1955 arbeitete er als Schaffner. „Jeder Triebwagen war mit einem Fahrer und einem Schaffner besetzt. Gab es noch einen Beiwagen, hatte dieser noch mal einen eigenen Schaffner“, erklärt Herbert Weinland. „Die Züge waren oft proppenvoll. Und es war für die Schaffner nicht immer einfach, jedem eine Fahrkarte zu verkaufen. Die Leute waren damals auf die Straßenbahn angewiesen. Es hatte längst nicht jeder ein Auto. Verspätungen waren an der Tagesordnung. Aber die Menschen waren froh, dass die Straßenbahn überhaupt kam“, sagt Weinland. Ab 1955 wechselte er in den Fahrdienst. „Die Fahrer ließen die Schaffner immer mal auf ruhigen Strecken ein Stück fahren. Ein Fahrprüfer ließ sich dann einfach nur zeigen, dass man in der Lage war die Straßenbahn zu fahren“, sagt Weinland. Danach befuhr er die Strecken nach St. Arnual, auf den Rotenbühl, nach Luisenthal und auf die Schafbrücke. Kuriose Geschichten weiß er zuhauf. „Ein Staatsanwalt fuhr immer in seiner Mittagspause mit der Straßenbahn nach Hause zum Schenkelberg. Allerdings ließ er sich nicht einfach nur fahren, sondern lenkte das Gefährt selbst bis nach Hause. So was wäre heute undenkbar“, sagt Herbert Weinland lachend. Einmal gab es dabei zu einen Unfall. Doch bevor sich der
Herbert Weinland Unfallgegner aufregen konnte, beseitigte der Staatsanwalt alle Unklarheiten“, sagt der Pensionär mit einem Schmunzeln. An ein anderes Missgeschick kann sich Herbert Weinland auch noch sehr gut erinnern. „Ich fuhr mit der Bahn von Burbach in die Stadt. An der Kreuzung Bahnhofstraße/ Dudweilerstraße mussten wir seinerzeit rangieren, um wieder zurück nach Burbach fahren zu können. Dabei verfehlte der Beiwagen an einer sogenannten Kletterweiche etwas das Gleis. Beim Anfahren gab es einen Ruck und einen Knall. Der Beiwagen hatte die Ampel umgeworfen, die dort stand. Die Ampel lag zwar auf der Seite, aber sie funktionierte noch. Also stellten ich und mein Schaffner Günter Christmann mithilfe einiger Fahrgäste die Ampel noch mal auf, richteten den Straßenbelag etwas her und verließen die Kreuzung, als wenn nichts geschehen wäre.“Bemerkt wurde der Schaden jedoch trotzdem, und einige Tage späte wurden die beiden vom Fahrmeister zur Rede gestellt. „Weinland, Christmann. Ihr müsst es gewesen sein. Es bleibt sonst niemand übrig“, fuhr der Fahrmeister sie an. „Ja, wir waren es“, sagten sie, da sie genau wussten worum es ging. Damit war die Sache aber auch erledigt. Ab 1960 war Weinland bis 1984 Busfahrer bei den Verkehrsbetrieben. Ebenso engagierte er sich im Betriebsrat der Saartallinien sowie im Aufsichtsrat. Im Betriebsrat erreichte Weinland unter anderem, dass für die Busfahrer an Endhaltestellen Toiletten mit Waschgelegenheiten geschaffen wurden. Während der Umstellung der Fahrtentgelte besuchten er und seine Kollegen alle Altenheime in Saarbrücken, um den Senioren die neuen Fahrscheine vorzustellen. 1991 beendete der heute 86-Jährige seine Laufbahn. Aber noch heute sprudeln Geschichten aus diesem Berufsleben aus ihm heraus.
„Die Leute waren damals auf die Straßenbahn
angewiesen.“