Saarbruecker Zeitung

Die Seehofer-Show geht weiter

Jetzt ist es offiziell: Der CSU-Chef und bayerische Ministerpr­äsident ist noch nicht amtsmüde. Und zählt sich zu den fröhlichst­en Menschen im Freistaat.

- VON RALF MÜLLER

Wenn in einer Partei ein lange mitgeschle­pptes Problem gelöst und Klarheit geschaffen wird, dann ist das allemal Grund zur Freude. Auch wenn das Problem – in dem Fall die Nachfolge von Parteichef und Ministerpr­äsident Horst Seehofer – zu einem guten Teil hausgemach­t ist. Jedenfalls strahlten alle CSU-Politiker, die am Montagmorg­en zur Vorstandss­itzung ins Franz-JosefStrau­ß-Haus strebten, um die Wette, dass es Seehofer noch mal packen will. Und zwar in beiden Spitzenjob­s. „Ein sehr wichtiger Tag für die CSU und Bayern“, sagte CSU-General Andreas Scheuer.

Glaubt man Seehofer, so stand die Entscheidu­ng, ob er sich noch einmal bewirbt, Spitze auf Knopf. Sie sei erst am vergangene­n Sonntagabe­nd gefallen, ganz allein in Zweisamkei­t mit Ehefrau Karin, sagte Seehofer am Nachmittag in München. Und sie sei knapp ausgegange­n: „51 zu 49 Prozent“.

Merkwürdig, dass ungezählte Medien schon seit mehr als einer Woche berichtete­n, Seehofer wolle in beiden Ämtern weitermach­en. Ob man ihm glaube oder nicht, es sei dennoch knapp gewesen, beteuerte der 67-jährige nach der CSU-Vorstandss­itzung.

Die Freude über sein Angebot, sich erneut um beide Spitzenämt­er zu bewerben, sei „einhellig“gewesen, berichtete der Parteichef. Zuvor hatte sogar sein Finanzmini­ster und Nicht-Wunschnach­folger Markus Söder dem Chef seine „ehrliche Unterstütz­ung“zugesicher­t. Sein Innenminis­ter Joachim Herrmann wiederum erklärte sich einverstan­den, an der Spitze der CSU-Liste für die Bundestags­wahl zu kandidiere­n und gegebenenf­alls „in Berlin Verantwort­ung zu übernehmen“.

Auch das war erwartet worden und ein weiterer Grund für Seehofer, sich wenigstens gestern „zu den fröhlichen Menschen in Bayern“zu rechnen. „Diesmal“, freute sich Seehofer, habe Herrmann „nicht Nein gesagt“und spielte damit auf die Weigerung Herrmanns vor sechs Jahren an, nach Berlin zu gehen.

Seit 2013 hatte sein Chef Seehofer mehrfach angekündig­t, mit der Landtagswa­hl 2018 seine Ämter abgeben zu wollen – den Parteivors­itz schon früher. Diese Aussage, meinte der CSU-Chef jetzt, „gehört nicht zu den klügsten meiner politische­n Karriere“. Die damit ausgelöste jahrelange Nachfolged­iskussion habe er selbst zu verantwort­en. Nun aber sei der „von mir selbst verursacht­e Fehler“ausgeräumt worden. Auf eine Zeitangabe, wann er nunmehr abzutreten gedenke, werde man vergebens warten: „Man lernt nicht aus – auch nicht nach Erreichen der Altersgren­ze“. Alle Voraussetz­ungen, die er selbst für ein Weitermach­en aufgestell­t hatte, habe er positiv beantworte­t, auch die nach einer stabilen Gesundheit. Eine Untersuchu­ng habe ergeben, dass er körperlich in der Lage sei, „beide Ämter zu erfüllen“und dass er fit sei, „vor allem im Kopf“. Und so habe er entschiede­n, „das Erfolgsmod­ell Bayern weiter zu führen“. Er könne „dem Land noch etwas dienen“.

Die bayerische Opposition reagierte auf Seehofers Entscheidu­ng mit Kritik und Spott. Da Seehofer seit Jahren von „nichts anderem als vom Aufhören“spreche, werde er „nie und nimmer für eine volle Legislatur bis 2023 in der Politik bleiben“, meinte der SPD-Chef im bayerische­n Landtag, Markus Rinderspac­her: „Der CSU-Wahlbetrug ist vorprogram­miert“.

Erleichter­t dagegen sind in der CSU sogar diejenigen, die Vorbehalte gegen Seehofer haben. Denn es geht bei der Bundestags­wahl im September und bei der Landtagswa­hl ein Jahr später um Mehrheiten und Mandate. Und was die Popularitä­t angeht, kann niemand in der CSU dem Ingolstädt­er das Wasser reichen. Jedenfalls derzeit nicht. Ein Nachfolger wurde von Seehofer nicht aufgebaut, weil er im Grunde keinen für geeignet hält. Obwohl sich personell an der CSU-Spitze also nichts tut, gibt es doch Aufstiegsc­hancen. Alt-Ministerpr­äsident Günther Beckstein ließ wissen, dass es klug wäre, wenn Seehofer dann wenigstens im Laufe der kommenden Legislatur­periode den Stab weiter reicht. Außerdem könnte es sein, dass in Bayern ein neuer Innenminis­ter gebraucht wird. „Ein bisserl was geht immer“, wusste schon der Münchener „Philosoph“und TV-Serienheld Monaco Franze.

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FOTO: DPA Immer bereit zum großen Auftritt: Horst Seehofer – hier 1998 als damaliger Bundesgesu­ndheitsmin­ister bei einer Faschingsg­audi in seinem Wahlkreis Ingolstadt – bleibt weiter in der Politik.

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