So tickt „Crazy Horst“: Wie er ist, wen er mag, wer ihm grollt
BERLIN Er will’s nochmal wissen: Horst Seehofer, 67, CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident, wird über 2018 hinaus weitermachen. Seit 37 Jahren lebt er für die Politik. Wie tickt er? Eine Annäherung: Seine Stärken: Er ist ein Meister der Taktik. So wird Seehofer von jenen beschrieben, die ihn gut kennen. Seehofer mache nichts ohne Kalkül. Er sei ein StehaufMännchen und klassischer Machtmensch, der genau wisse, wann Zuckerbrot und wann Peitsche in der eigenen Partei notwendig sei. Damit keiner nachlässt. Zielstrebig ist er. Seine Partei verdankt ihm die Rückkehr zur absoluten Mehrheit. Das macht ihn stark und fast unangefochten. Aus der Ruhe bringt ihn sowieso nichts. Er hat ein Gespür für Themen und für symbolische Worte, die in Bayern gerne gehört werden. Er sei auch ein Kümmerer, der seine Politik nah an der Bevölkerung ausrichte, so seine Fans. Seine Schwächen: Beobachter werfen ihm Wankelmut vor. Heute so, morgen so. „Crazy Horst“wurde er schon genannt. Wobei er den Spitznamen für völlig falsch hält. Kritiker halten ihn vor allem für einen Nörgler und Quertreiber. Versäumt hat Seehofer sicherlich, einen Nachfolger aufzubauen – was auch daran liegt, dass er sich selbst für unverzichtbar hält. Eine gehörige Portion an Selbstüberschätzung gehört zu seinem Naturell. Seehofer teilt gerne aus, sein Spott kann bis an die Grenze persönlicher Verletzungen gehen. Vielen in seiner Partei gilt der Ingolstädter als beratungsresistent, als stoischer Einzelgänger.
Seine schärfsten Gegner: Mit dem bayerischen Finanzminister Markus Söder verbindet Seehofer eine gepflegte Abneigung. Dass er nun erneut antritt, gilt auch als Versuch, Söder als Nachfolger zu verhindern. Dabei sind sich beide sehr ähnlich. Söder, der jede „Schmutzelei“beherrscht, ist genauso machthungrig und trickreich wie sein Chef. Zu Seehofers Gegnern gehört auch Angela Merkel: Die Dauerattacken des CSUChefs gegen ihre Flüchtlingspolitik haben der Kanzlerin zugesetzt. Seit er ihr eine „Herrschaft des Unrechts“vorgeworfen hat, ist das Verhältnis zerrüttet. Merkel kann freilich nicht ohne Seehofer. Sie braucht die CSU für einen Sieg bei der Bundestagswahl.
Seine engsten Unterstützer: Edmund Stoiber gehört dazu. Der frühere Ministerpräsident galt als Förderer Söders, doch in Seehofer sieht er den Garanten für die absolute Mehrheit im Freistaat. Im Hintergrund hat Stoiber die Fäden für den Anti-Merkel-Kurs gezogen, er soll Seehofer auch zu Treffen mit den Merkel-Gegenspielen Viktor Orban und Wladimir Putin gedrängt haben. Zu den Freunden gehört auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, der nun die CSU in die Bundestagswahl führen wird und danach möglichst Bundesinnenminister werden soll. Und der verlorene Sohn der Partei, Karl-Theodor zu Guttenberg. Mit dessen Comeback liebäugelt Seehofer immer wieder. Seine Ziele: Seehofer sieht sich und die CSU als letztes konservatives Bollwerk zur Union in Berlin. Er hofft zwar auf einen Sieg bei der Bundestagswahl. Aber viel wichtiger ist ihm, der AfD zu trotzen und die CSU bei den bayerischen Landtagswahlen 2018 bei über 50 Prozent zu halten. Seine Glaubwürdigkeit hängt nicht an CSUProjekten wie der Maut oder dem umstrittenen Betreuungsgeld. Sondern an der Obergrenze für Flüchtlinge. Die fordert er immer noch: Ohne Obergrenze keine Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl, sagt Seehofer. Ob er das durchhält?