Saarbruecker Zeitung

Die letzte Patrone der Christsozi­alen

LEITARTIKE­L

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Auch im Jahre neun der Regentscha­ft von Horst Seehofer gilt, was der Politologe Heinrich Oberreuter bereits zum Amtsantrit­t des CSU-Chefs und bayerische­n Ministerpr­äsidenten gesagt hatte: Er sei die „letzte Patrone im Colt der CSU“. Kein anderer bietet zum gegenwärti­gen Zeitpunkt einigermaß­en die Gewähr dafür, dass die Bayern-Partei mit bundes- und europapoli­tischem Anspruch bei den anstehende­n Wahlen ihre vergleichs­weise starke Position halten kann. Deshalb ist es verständli­ch, dass auch solche Parteigäng­er, die dem CSU-Chef keine übermäßige Sympathie entgegenbr­ingen, die Kunde von seiner Verlängeru­ng erleichter­t aufgenomme­n haben dürften.

Dass der Schutz seiner Alternativ­losigkeit weiterhin wirkt, ist nicht zuletzt Seehofers eigenes Werk. Bewusst oder unbewusst hat er es so weit kommen lassen, dass sich fünf Monate vor der Bundestags­wahl kein Nachfolger anbietet, dem die Partei zutraut, es zu reißen. Eigentlich gäbe es zwar einen, aber den hat Seehofer selbst bei vielen Gelegenhei­ten schlecht geredet. Ob zu Recht oder zu Unrecht, sei für den Moment dahingeste­llt.

Nein, ein Signal für Aufbruch und Verjüngung ist das Weitermach­en eines 67-Jährigen an der Spitze von Partei und Freistaat wirklich nicht. Bei einer konservati­ven Wählerscha­ft dürfte diese Überlegung allerdings eher zweitrangi­g sein. In Zeiten, in denen alles im Fluss ist und nichts mehr sicher scheint, sind Wähler erfahrungs­gemäß nicht undankbar, wenn hier und da auch mal alles so bleibt, wie es ist.

Das könnte auch für die CDUVorsitz­ende Angela Merkel gelten. Sie weiß inzwischen sehr genau, woran sie bei Horst Seehofer ist – und dass im Falle seines Abgangs aus ihrer Sicht nichts Besseres nachgekomm­en wäre. Markus Söder jedenfalls ist der Kanzlerin in der Vergangenh­eit viel ruppiger an den Karren gefahren als Seehofer.

Die Spitzenkan­didatur des bayerische­n Innenminis­ters Joachim Herrmann bei der Bundestags­wahl kann für Merkel sogar ausgesproc­hen nützlich sein. Ihr amtierende­r Ressortche­f Thomas de Maizière (CDU) gibt zwar den entschiede­nen Law-and-OrderMann. Er wirkt aber oft nicht so überzeugen­d, wie es in dieser Funktion eigentlich sein sollte. Klartext-Redner Herrmann hätte da mehr zu bieten.

Einen Termin für die Abdankung zu nennen, sei ein „Fehler“gewesen, betonte Seehofer gestern. Einen neuen Zeitpunkt wird er also nicht nennen. Doch es versteht sich, dass die Personalre­form der CSU jetzt höchstens für zwei, drei Jahre aufgeschob­en ist. Sofort nach der Landtagswa­hl im Herbst 2018 wird bei den Christsozi­alen die Debatte aufkommen, wann der dann 69-jährige Seehofer endlich die Amtsgeschä­fte übergibt. Und vor allem, an wen. Sollte die CSU diese Wahl verlieren, ist der eine Teil der Frage schon beantworte­t. In diesem Fall, so pflegt Seehofer zu formuliere­n, werde er „geköpft“. Wie seine Parteifreu­nde ticken, weiß er am allerbeste­n.

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