Schonungslose Abhandlung
„I Am Not Your Negro“behandelt den Rassismus zu Zeiten der US-Bürgerrechtsbewegung.
(ry) 1979, auf dem Höhepunkt seiner schriftstellerischen Laufbahn, kündigte der afroamerikanische Autor James Baldwin in einem Brief an seinen Literaturagenten an, dass er sich nun an ein wesentliches und unverzichtbares Werk mache: die Geschichte vom Leben und gewaltsamen Tod seiner Freunde Martin Luther King Jr., Medgar Evers und Malcolm X. Die Morde an den drei schwarzen Bürgerrechtlern traumatisierten eine ganze Generation und waren ein schwerer Schock für Baldwin. Nun wollte er in „Remember This House“darüber schreiben. Es sollte sein letztes Werk werden und es blieb unvollendet. Nur knapp 30 Seiten brachte er vor seinem Tod zu Papier. Das Manuskript vertraute Baldwins Testamentsvollstrecker dem Regisseur Raoul Peck an, der einen Film daraus machte.
„I Am Not Your Negro“verwendet ausschließlich Baldwins eigene Worte und eröffnet eine einmalige Sichtweise auf die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung in den USA, ihre wichtigsten Akteure, Ereignisse und Bewegungen. Es ist der Blick eines Zeitzeugen, kritisch und persönlich. Dies ist angesichts der jüngsten Vorfälle (Ferguson, Baltimore usw.) und des erneuten Anstiegs der Gewalt gegen Afroamerikaner besonders bedeutsam. Anhand von Archivbildern, Filmausschnitten und aktuellen Aufnahmen erzählt der Film in Baldwins Worten von der „Geschichte der Gewalt“, die Martin Luther King Jr., Medgar Evers und Malcolm X das Leben kostete, von der vereinfachten Bildersprache und Darstellung Hollywoods („Kampf zwischen Gut und Böse“) und von der Entstehung einer eigenen afroamerikanischen Identität. Das Werk zeigt eine faszinierende Reise durch die US-amerikanische Geschichte, die wie ein Spiegel der heutigen Rassenkonflikte wirkt und mit der Baldwin und Peck das Selbstverständnis der amerikanischen Gesellschaft infrage stellen.
Raoul Peck erhielt für seinen Film überwiegend positive Kritiken und konnte auch einige Preise gewinnen. Er war für den „Oscar“nominiert und erhielt unter anderem 2017 den „Panorama Publikumspreis“bei den internationalen Filmfestspielen Berlin. Dort war er auch zeitgleich mit einem anderen Werk vertreten, denn „Der junge Karl Marx“lief als Berlinale Special. In dem Drama geht es um den deutschen Philosophen und Theoretiker, dessen wichtigste Lebensstationen der Film aufzeigt.