Saarbruecker Zeitung

Asterix’ „Vater“wollte Rennfahrer werden

Albert Uderzo erfand zusammen mit René Goscinny die legendären Comic-Helden. Heute wird er 90 Jahre alt.

- VON CLAUDIA ROMETSCH UND FABIAN ERIK SCHLÜTER

FRANKFURT (epd/afp) Alles musste ganz schnell gehen: Als Albert Uderzo und sein Kollege René Goscinny 1959 eine Comic-Serie für die französisc­he Jugendzeit­schrift „Pilote“entwerfen sollten, standen sie enorm unter Zeitdruck. Der Auftrag: Einen französisc­hen Helden erfinden, der sich von den USComics abgrenzt. „In einer Viertelstu­nde entwickelt­en wir fast alle Charaktere“, erzählte Uderzo später. Die legendären Comic-Helden Asterix und Obelix waren geboren und mit ihnen das unbeugsame gallische Dorf, das den Römern Widerstand leistet.

Während Goscinny die Geschichte­n und Texte entwarf, zeichnete Uderzo die Figuren mit den charakteri­stischen Knollennas­en: Den kleinen Held Asterix mit dem geflügelte­n Helm und dessen dicken Freund Obelix, der meist einen Hinkelstei­n mit sich herumschle­ppt, Wildschwei­ne verspeist und von seinem Hündchen Idefix begleitet wird. Heute wird Uderzo 90 Jahre alt, er kam 1927 in Fismes bei Reims zur Welt.

Charakteri­stisch für sein Werk seien die runden Formen sowie die klare Gestik und Mimik seiner Figuren, sagt Comic-Experte Markus Engelns von der Universitä­t Duisburg-Essen. Typisch sei auch sein karikaturi­stischer Stil, mit dem er Prominente in die Geschichte­n eingearbei­tet habe. So etwa den James Bond-Darsteller Sean Connery, der im Band „Die Odyssee“als Spion „Nullnullsi­x“auftaucht. Dabei war Uderzo das Leben als Zeichner nicht in die Wiege gelegt: Er kam mit sechs Fingern an jeder Hand auf die Welt, eine später operativ entfernte Fehlbildun­g. Als Kind wollte er Clown werden, als Jugendlich­er träumte er dann von einer Karriere als Rennfahrer. „Doch dafür hatte ich nicht das nötige Kleingeld“, sagte Uderzo.

Großes Vorbild waren für den jungen Uderzo die Disney-Figuren wie Micky Maus und Donald Duck. Sein Metier lernte er weitgehend autodidakt­isch. Anleitung holte er sich von älteren Zeichnern wie zum Beispiel Edmond-François Calvo. In den 50er Jahren machte er sich dann selbst als Zeichner einen Namen: Da waren der unverwundb­are Ritter „Belloy“, die Piraten-Serie „Pistolet“oder der reisende Reporter „Luc Junior“. Nebenbei arbeitete Uderzo mit JeanMichel Charlier an der Serie „Die Abenteuer von Tanguy und Laverdure“um zwei Kampfpilot­en. Zusammen mit Goscinny erfand Uderzo 1958 zunächst den ComicHelde­n „Oumpah-Pah“, einen Indianer.

Der große Durchbruch kam aber erst mit „Asterix“. Ermutigt von dem Erfolg der 1959 gestartete­n Serie legten Uderzo und Goscinny 1961 ein erstes Album mit 6000 Exemplaren auf. Der zweite Band, „Die goldene Sichel“, erschien dann schon mit

20 000 Heften. Mittlerwei­le wurden von 36 Bänden rund 370 Millionen Exemplare in mehr als 100 Sprachen und Dialekten verkauft.

1977 starb Goscinny mit 51 Jahren unerwartet an einem Herzinfark­t. „Das war sehr hart für mich“, erinnerte sich Uderzo. Eigentlich habe er danach mit Asterix aufhören wollen. Zwei Jahre lang stellte er die Arbeit ein. „Aber meine Leser waren damit nicht einverstan­den.“

Er versuchte, Goscinny zu ersetzen und schrieb auch die Texte. Die neuen Bände erschienen nun in seinem eigenen Verlag „Éditions Albert René“, an dem auch die Familie Goscinny beteiligt war. Uderzo erntete Kritik, weil er nicht die Qualität von Goscinnys Erzählkuns­t erreichte. Dem Erfolg der Serie tat das jedoch keinen Abbruch. „Uderzos Verdienst ist es, dass er das Cartoonhaf­te und Komische für breite Bevölkerun­gsschichte­n salonfähig gemacht hat“, urteilt Engelns. Zu den Asterix-Heften griffen auch Leser mit höherer Bildung, die Comics zuvor eher gemieden hatten.

Vor rund zehn Jahren begann Uderzo, sich langsam aus dem Geschäft zurückzuzi­ehen. 2007 entzog er seiner Tochter Sylvie die Geschäftsf­ührung der „Éditions Albert René“und verkaufte ein Jahr später seine Anteile am Verlag gemeinsam mit Goscinnys Tochter an Hachette. Das führte zum Zerwürfnis und Rechtsstre­itigkeiten mit seiner Tochter, die ebenfalls Anteile an dem Verlag hielt. Erst 2014 versöhnten sich die beiden.

Mit Mitte 80 fiel Uderzo das Zeichnen zunehmend schwerer, er erkrankte an Arthrose. Also übergab Uderzo die Arbeit an der Serie daher vor rund vier Jahren an den Texter Jean-Yves Ferri und den Zeichner Didier Conrad. Die jüngsten Asterix-Bände „Asterix bei den Pikten“und „Der Papyrus des Cäsar“gehen auf ihr Konto. Die Kritiker reagierten positiv. Auf die Arbeit seiner Nachfolger bei hat Uderzo nach wie vor ein Auge: „Ich werde weitermach­en und kontrollie­ren, was mit Asterix geschieht, solange ich lebe und gesund bin.“Im Oktober erscheint der neue Band. Zumindest sein Titel dürfte Uderzo gefallen, der ein Sohn italienisc­her Einwandere­r ist: „Asterix in Italien“.

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FOTOS: SEEGER/DPA, UNIVERSUM FILM/DPA Die gallischen Helden Obelix und Asterix erlebten – wie hier bei den „Wikingern“– bereits zahlreiche Abenteuer.
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FOTO: AFP/GUAY Der Zeichner Albert Uderzo

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