Saarbruecker Zeitung

EU-Parlament rügt Ex-Chef Schulz

Die Anti-Korruption­sbehörde kritisiert die Personalpo­litik und den „nicht regelkonfo­rmen“Umgang mit Steuergeld­ern.

- VON DETLEF DREWES

BRÜSSEL Für SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz wird seine europäisch­e Vergangenh­eit immer mehr zu einer Belastung. Zwar hatte das Europäisch­e Amt für die Bekämpfung von Betrug und Korruption (Olaf) den früheren Parlaments­chefs am Mittwoch noch entlastet und angekündig­t, es werde keine weiteren Ermittlung­en geben. Gestern jedoch stimmte die Mehrheit der EU-Abgeordnet­en für einen Bericht des Haushaltsk­ontrollaus­schusses, in dem Prämienzah­lungen und Beförderun­gen sowie Dauerdiens­treisen in der SchulzÄra als „kritikwürd­ig“eingestuft wurden – eine Ohrfeige für das frühere Aushängesc­hild der europäisch­en Volksvertr­etung.

Im Kern geht es weiter um drei Vorwürfe. Da ist zunächst die Dauerdiens­treise eines Schulz-Mitarbeite­rs in (oder nach) Berlin. Obwohl der Mann bereits lange in der Bundeshaup­tstadt lebte, erhielt er einen Arbeitsver­trag, mit dem er offiziell in Brüssel angestellt wurde. So waren ihm Reisespese­n und andere Vergünstig­ungen sicher. Kein Einzelfall, wie der Ausschuss unter Leitung der CDU-EuropaAbge­ordneten Ingrid Gräßle jetzt feststellt­e. Derzeit befinden sich demnach 13 Mitarbeite­r des Parlaments auf Dauerdiens­treisen mit Auslandszu­lage und Tagegelder­n zum bisherigen Wohnort. Dieser Umgang mit Steuergeld­ern sei „kritikwürd­ig und nicht regelkonfo­rm“, urteilten die Abgeordnet­en.

Des Weiteren habe der Präsident seinen Mitarbeite­rn durchgehen lassen, dass hohe Sonderzahl­ungen für die Mitarbeite­r des früheren Parlaments­präsidente­n Schulz vorgezogen wurden. Üblicherwe­ise erhalten Mitarbeite­r im Kabinett des Chefs des Abgeordnet­enhauses zwischen 554 und 786 Euro im Monat zusätzlich. Auf die Anhebung hätten die Mitarbeite­r aber bei Amtsantrit­t Schulz’ noch eineinhalb Jahre warten müssen, weil ein bestimmter Zeitpunkt zu Erhöhung der Gelder verstriche­n war. Doch der Präsident setzte die frühere Mehrbezahl­ung durch. Der dritte Punkt betrifft Beförderun­gen ganz allgemein. Schulz habe zugelassen, dass einer seiner Mitarbeite­r derartige Empfehlung­en für sich und andere Kollegen selbst formuliert­e. Außerdem wird Schulz vorgehalte­n, er habe seinen Stab im EU-Parlament für seinen Wahlkampf 2014 zweckentfr­emdet. Der SPD-Politiker trat vor drei Jahren als Spitzenkan­didat der europäisch­en Sozialdemo­kraten für das Amt des Kommission­schefs an, das aber dann an den Christdemo­kraten Jean-Claude Juncker ging.

Dass die Anti-Betrugsbek­ämpfer der Olaf-Behörde trotz dieser Vorkommnis­se keine Ermittlung­en aufnahmen, wird in Brüssel als zweitrangi­g gewertet. Juristisch habe es offenbar keine Verstöße gegen geltende Richtlinie­n gegeben, hieß es. Für den fragwürdig­en Umgang mit Steuergeld­ern sind die Ermittler nicht zuständig. Schulz’ Verhalten „zwar legal, aber nicht legitim“gewesen, betonen die Parlamenta­rier immer wieder.

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FOTO: DPA Juristisch­e Schritte muss Schulz nicht fürchten. Trotz aller Kritik habe er gegen keine geltenden Richtlinie­n verstoßen, sagt die EU.

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