Saarbruecker Zeitung

Draghi macht Geld weiter billig

Sparer ächzen unter Minizinsen. Die EZB weckt trotzdem keine Hoffnung auf eine Wende.

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FRANKFURT (dpa/afp) Sparer in Deutschlan­d müssen weiter auf höhere Zinsen warten: Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) hält vor der Stichwahl in Frankreich an ihrem Billiggeld-Kurs fest. Der Rat der Notenbank beließ den Leitzins im Euroraum gestern auf dem Rekordtief von null Prozent. Hoffnungen auf ein baldiges Ende der ultralocke­ren Geldpoliti­k machten die Währungshü­ter nicht.

Zwar sei die Gefahr, dass die Verbrauche­rpreise auf breiter Front sinken (Deflation), fast verschwund­en, die Preisentwi­cklung brauche aber weiterhin Unterstütz­ung durch die Geldpoliti­k, sagte EZB-Präsident Mario Draghi. Die wirtschaft­liche Erholung im Euroraum habe sich aber verstetigt, „sie ist breit und solide“. Doch es blieben Risiken. Parken Finanzinst­itute überschüss­iges Geld bei der EZB, müssen sie dafür nach wie vor 0,4 Prozent Strafzinse­n zahlen. Zugleich kauft die Notenbank weiterhin monatlich Staatsanle­ihen und andere Wertpapier­e. Seit diesem Monat fließen dafür aber nur noch 60 Milliarden statt 80 Milliarden Euro. Das Programm soll mindestens bis Jahresende laufen.

Kritik an der Entscheidu­ng der EZB kam vom Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung (ZEW). Dessen Ökonom Friedrich Heinemann erklärte, die EZB laufe zunehmend Gefahr, „den richtigen Zeitpunkt für eine Änderung ihrer Kommunikat­ion zu verpassen“. Die EZB-Politik passe immer weniger zu den verbessert­en Wirtschaft­sdaten. Spätestens nach einer Wahl des pro-europäisch­en Emmanuel Macron zum französisc­hen Präsidente­n müsse Draghi erklären, wie der „Ausstieg aus der extrem expansiven Geldpoliti­k beginnen soll“.

Die ultralocke­re Geldpoliti­k ist vor allem in Deutschlan­d umstritten. Zwar kommen Immobilien­käufer durch die Zinsflaute billiger an Kredite, dagegen werfen Sparbuch und Co. aber kaum noch etwas ab. Die Finanzbran­che klagt, die EZB-Politik schwäche die Banken. Der negative Einlagezin­s wirke wie eine Sondersteu­er. Zurzeit zahlten Geschäftsb­anken im Euroraum jeden Monat eine halbe Milliarde Euro, kritisiert­e der Hauptgesch­äftsführer des Bankenverb­andes BdB, Michael Kemmer.

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FOTO: DPA EZB-Präsident Mario Draghi

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