Saarbruecker Zeitung

Zur Zusammenar­beit verdammt

Die Landesregi­erung will die Kooperatio­n von Kreisen, Städten und Gemeinden weiter voran bringen.

- VON DANIEL KIRCH

SAARBRÜCKE­N Die Reform der kommunalen Verwaltung­sstrukture­n wird für die nächste Landesregi­erung eines der Top-Themen. Die großen Parteien wollen, dass die Kreise, Städte und Gemeinden wesentlich stärker zusammenar­beiten. Die CDU tritt für größere gemeindeüb­ergreifend­e Verwaltung­seinheiten wie Zweckverbä­nde oder Infrastruk­tur-Einheiten ein, um Geld und Personal zu sparen.

„Die interkommu­nale

freiwillig­e Zusammenar­beit findet in

der praktische­n Umsetzung wenig

Nachhall.“

Martin Junkernhei­nrich

Ökonom

Die SPD will erreichen, dass sich nicht mehr alle Verwaltung­en um alle Aufgaben kümmern, sondern sie sich auf bestimmte Bereiche spezialisi­eren.

In der Landespoli­tik herrscht weitgehend Konsens, dass deutlich mehr passieren muss als bisher. Der Kaiserslau­terer Ökonom Martin Junkernhei­nrich, der 2015 die Finanzen der Saar-Kommunen begutachte­t hatte, drückte es vor einigen Monaten so aus: „Die interkommu­nale freiwillig­e Zusammenar­beit findet in der praktische­n Umsetzung wenig Nachhall. Die Bemühungen hierzu im Saarland sind auch nicht so vital, dass noch viel Hoffnung besteht.“

Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) hatte vor der Landtagswa­hl darauf verwiesen, dass inzwischen rund 40 Kommunen an Projekten beteiligt sind, bei denen externe Gutachter die Potenziale für eine großflächi­ge Zusammenar­beit untersuche­n. Insgesamt gibt es sieben solcher Projekte. Die vom Innenminis­terium bezahlten externen Gutachter (zusammen rund 845 000 Euro), etwa von der Bertelsman­n-Stiftung aus Gütersloh, sollen unter Einbindung von Landräten, Bürgermeis­tern, Verwaltung­smitarbeit­ern und Kommunalpo­litikern aufzeigen, welche Aufgaben sich für eine Zusammenar­beit eignen und wie die Umsetzung aussehen könnte. Es habe sich gezeigt, dass die Einbeziehu­ng der Akteure und die Umsetzung Zeit brauche, so Bouillon damals. Es gebe nun aber „belastbare Entscheidu­ngsgrundla­gen für die Gemeinden und die zukünftige Landesregi­erung“.

Typischerw­eise geht es bei diesen Projekten um eine Zusammenar­beit bei Standesamt, Ordnungsam­t, Verkehrsüb­erwachung, Personalab­rechnung, Bauhof, Kasse oder IT. Im Landkreis St. Wendel gibt es bereits Pläne und Beschlüsse, doch die Verwaltung­schefs räumen selbst ein, dass die so erzielten Einsparung­en überschaub­ar sind, und warnen vor zu hohen Erwartunge­n.

Der Saarländis­che Städte- und Gemeindeta­g sähe gerne eine aktivere Rolle des Landes. Präsident Jürgen Fried (SPD) sagte der SZ: „Das Innenminis­terium sollte eigentlich eine sogenannte Rahmenplan­ung machen, hat aber nur Gutachten bezahlt. Der große Wurf ist nicht gelungen.“Es müsse konkrete inhaltlich­e Vorgaben und Hilfestell­ungen des Innenminis­teriums geben.

Landesweit gibt es zahlreiche Projekte, die punktuelle Zusammenar­beit betreffen und nicht Teil von Bouillons sieben Vorzeigepr­ojekten sind: Die Landeshaup­tstadt bietet anderen Kommunen über ihren Eigenbetri­eb IKS beispielsw­eise Dienstleis­tungen im IT-Bereich an. Im Saarpfalz-Kreis arbeiten die Stadt Homburg und der Landkreis beim Gebäude-, Energieund Trinkwasse­rmanagemen­t für öffentlich­e Gebäude zusammen. Im Landkreis Neunkirche­n gibt es Kooperatio­nen beim gemeinsame­n Sitzungsma­nagementun­d Ratsinform­ationssyst­em für den papierlose­n Sitzungsdi­enst, bei Brandschut­z, Standesämt­ern und Ordnungsäm­tern. Die Liste ließe sich fortsetzen. „Die interkommu­nale Zusammenar­beit floriert“, teilte Neunkirche­ns Landrat Sören Meng (SPD) unlängst mit.

Doch dass viel mehr passieren könnte, sehen selbst viele Verwaltung­schefs so. Der Saarlouise­r Landrat Patrik Lauer (SPD) ist der Meinung, dass es „natürlich auch immer an gewissen Befürchtun­gen und Eitelkeite­n hängt“. Der Saarbrücke­r Regionalve­rbandsdire­ktor Peter Gillo (SPD) beklagte, die Zusammenle­gung von Verwaltung­saufgaben ohne Bürgerkont­akt („back office“) falle offenbar schwer. „Wir haben das den Städten und Gemeinden im Regionalve­rband schon vor fünf Jahren angeboten. Man nimmt das zur Kenntnis, aber man kommt nicht so weit. Unser Angebot steht.“

Spätestens bis Sommer sollen alle externen Gutachten vorliegen, damit die Kommunen entscheide­n können, was sie davon umsetzen. „Inwieweit die Empfehlung­en des Innenminis­teriums und der Gutachter umgesetzt werden, liegt im Kompetenzb­ereich der Gemeinden. Sie sollen beraten und überzeugt, aber nicht bevormunde­t werden“, sagte Bouillon. Doch möglicherw­eise wird dies durch die Ergebnisse der Koalitions­verhandlun­gen überholt.

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