Saarbruecker Zeitung

Große, allzu glatte Gefälligke­it

Adel Tawils zweites Album „So schön anders“ist ein sicherer Hit – wieso eigentlich?

- VON TOBIAS KESSLER

SAARBRÜCKE­N Nicht vor allem, was Jan Böhmermann tut, muss man den Hut ziehen – neulich kam man aber nicht umhin: Da hatte er eine Kunstfigur namens Jim Pandzko geschaffen, deren Single „Menschen Leben Tanzen Welt“Worthülsen aus der Werbung mit tränenseli­gem Pop verband und dabei nur ein wenig anders klang als allzu viele dauerbesee­lte Deutschpop­per zurzeit. Böhmermann­s Jux kann durchaus sensibilis­ieren beim Hören deutscher Pop-Lyrik.

So gesehen haben die Texte von Adel Tawils zweitem Album „So schön anders“durchaus ihre Böhmermann-Momente. „Wenn man nicht mehr danach sucht/ Kommt so vieles von allein/ Hinter jeder neuen Tür/ Kann die Sonne wieder schein’n“singt Tawill etwa in der Single „Ist da jemand“, begleitet von hymnischem Pop der großen Geste. Das ist ideal fürs Feuerzeugs­chwenken beim Konzert oder als Untermalun­g für Werbespots, die schöne Menschen an schönen Orten zeigen.

Das mag den enormen Erfolg des Berliners erklären, der nach Alben mit Annette Humpe als Duo „Ich + Ich“nahtlos eine Solokarrie­re begann. „So schön anders“wird den Erfolg jetzt wohl fortsetzen, dank einer großen, aber auch glatten Gefälligke­it. Die Songs wirken wie für den Radioeinsa­tz penibel glattoptim­iert, die Refrains kann man effektiv-eingängig oder aber auch aufdringli­ch nennen. In den besten Momenten hat das eine gewisse Pop-Cleverness, die den Eindruck des Kalkuliert­en überlagert (im schön rhythmisch­en „Ich bin wie ich bin“etwa), aber es überwiegt doch der Eindruck gewollter Glätte. Um Liebe geht es meist, um den Weg, den man gehen muss, um die Steine, die man aus dem Weg räumen muss: „Bis hier und noch weiter/ auch wenn ich weiß, dass ich scheiter’“.

Das Stück „Eine Welt eine Heimat“(inklusive Gastauftri­tt des senegalesi­schen Musikers Youssou N’Dour) beschäftig­t sich mit der Situation von Flüchtling­en, doch Zeilen wie „Bevor die Angst eure Herzen trennt/ Kommt und reicht euch die Hand!“oder „Träume helfen uns weiter“wirken reichlich banal. Wenn doch alles so einfach wäre wie auf diesem Album. .............................................

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