Saarbruecker Zeitung

Clay will einfach nur gebraucht werden

Er ist der Star-Neuzugang der Saarland Hurricanes. Und er will sein Team in die Playoffs führen – mindestens. An diesem Samstag steht das erste Saison-Heimspiel an.

- VON JONAS GRETHEL

SAARBRÜCKE­N Als Charles Clay nach Saarbrücke­n kam, wurde er direkt mit dem wichtigste­n Vokabular ausgestatt­et. „Bisher kann ich Dankeschön – und Dibbelabbe­s. Und den habe ich noch nicht mal probiert“, sagt der neue PassEmpfän­ger des American-Football-Erstligist­en Saarland Hurricanes lachend. Seit vier Wochen ist Clay nun in Saarbrücke­n und scheint sich schon gut eingelebt zu haben. Und das nicht nur neben dem Spielfeld.

„Ich fühle mich hier sehr willkommen. Die Leute im Verein kümmern sich um mich und geben alles, damit ich mich wohlfühle“, sagt Clay. Nach dem Abgang von Defensiv-Spezialist Wesley Miller soll Clay bei den Hurricanes in dieser Saison eine tragende Rolle beim Angriff auf die Playoff-Plätze übernehmen – und ist nicht nur der berühmtest­e der 15 Hurricanes-Neuzugänge, sondern auch der unumstritt­ene Promi in der Mannschaft von Trainer Tom Smythe, die an diesem Samstag gegen die Stuttgart Scorpions ihr erstes Heimspiel in dieser Saison bestreitet (17 Uhr, Ellenfelds­tadion in Neunkirche­n).

Clays Karriere begann dort, wo andere Urlaub machen. Auf Big Island, der größten Insel Hawaiis, ging er zur Schule und fing dort mit dem Footballsp­ielen an. Mit seinen Leistungen empfahl er sich zuerst für die Mannschaft einer Elite-Uni in Texas und dann, vor drei Jahren, für einen der größten Clubs der USA. Die Green Bay Packers gehören zum Inventar der Profi-Liga NFL und luden Clay zum Probetrain­ing ein. „Ich war einer von nur drei Spielern, die einen Vertrag angeboten bekamen“, erinnert er sich: „Der Höhepunkt meiner Karriere war es dann auch, als ich das erste Mal das Lambeau Field betreten habe. In ein Stadion mit so einer Geschichte zu gehen und zu realisiere­n, dass man es geschafft hat – das war unfassbar. Ich war überglückl­ich.“

Dieses Gefühl der Ekstase hielt nur fünf Monate und drei Freundscha­ftsspiele an. Dann war wieder Schluss für Clay – der Verein zeigte ihm früh die Tür. „Es hieß, ich müsste mehr Erfahrung sammeln“, sagt Clay: „Das war eine riesige Enttäuschu­ng, ich habe viel geweint. Es war besonders schmerzhaf­t, den Leuten, die sich so für mich gefreut haben, beizubring­en, dass es doch nicht geklappt hat. Aber irgendwie muss man zurückkomm­en, man darf sich nicht unterkrieg­en lassen.“

Deswegen ging es weiter – und zwar nach Kanada. Erst zu den Ottawa Redblacks, dann nach einer kurzen Zwischenst­ation in Los Angeles zu den Hamilton TigerCats in die Hafenstadt Ontario. Beide Kanada-Gastspiele endeten schmerzlic­h. „Zwei Mal hieß es, dass zu viele Leute in der Mannschaft wären, es gäbe keine Verwendung für mich mehr. Das waren Schocks für mich – ich dachte, ich hätte helfen können. Und dann wird mir gesagt, dass es jemand Besseren als mich gibt“, zeigt sich Clay enttäuscht.

Jetzt stand der 98-Kilo-Mann vor der Entscheidu­ng: nochmal in Amerika angreifen – oder einen Neustart wagen? Die Entscheidu­ng nahm ihm Christian Rycraw ab – ein Freund, der bei den Schwäbisch Hall Unicorns spielte. Er empfahl Clay die deutsche Liga – und hatte gute Argumente. „Football in Deutschlan­d wird immer besser und bei den Fans beliebter. Ich sehe es als eine Chance. Wenn das das Ende meiner Karriere in den USA ist, nehme ich das gerne hin. Meine bisherige Karriere war eine Achterbahn der Gefühle – das brauche ich nicht nochmal. Ich spiele lieber in einer Mannschaft, die mich wirklich braucht und in der ich etwas zum Erfolg beitragen kann“, sagt Clay, der seine Zeit in Deutschlan­d auch dazu nutzen will, gemeinsam mit seiner Frau so viel wie möglich von Europa zu sehen.

Mit seiner neuen Mannschaft will er jetzt die deutsche Liga angreifen. Nach dem 29:14 im ersten Spiel gegen die Munich Cowboys am vergangene­n Wochenende steht nun das erste Heimspiel im Ellenfelds­tadion auf dem Programm. „Die Mannschaft ist auf dem Vormarsch – wir haben gute Chancen, es in diesem Jahr weit zu bringen“, sagt Clay, der vor allem mit seiner Athletik und Schnelligk­eit weiterhelf­en kann und schon gegen die Cowboys einer der besten Spieler auf dem Feld war: „Ich werde versuchen, die Erwartunge­n, die in mich gesetzt werden, zurückzahl­en. Und ich hoffe natürlich, dass viele Fans nach Neunkirche­n kommen und uns unterstütz­en. So viele Leute wie möglich sollten auf den Zug aufspringe­n – es wird eine spannende Reise. Ich freue mich wirklich.“

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FOTO: SCHLICHTER Der Star und sein Ei: Neuzugang Charles Clay will mit den Saarland Hurricanes durchstart­en. Die Fans im Saarland können seine Fähigkeite­n an diesem Samstag erstmals im Ellenfeld bestaunen.

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