Saarbruecker Zeitung

Volkswirte gehen von robuster Konjunktur aus

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NÜRNBERG (dpa) Weder Frankreich-Wahl noch Brexit oder andere weltweite Risiken können der deutschen Wirtschaft nach Ansicht von Ökonomen derzeit etwas anhaben. Bei der Konjunktur laufe es rund und damit auch am Arbeitsmar­kt, sagten Volkswirte deutscher Großbanken in einer Umfrage. Sorgen machen sich einige Experten jedoch wegen des Fachkräfte­mangels. In einigen Branchen falle es den Unternehme­n zunehmend schwer, geeignetes Personal zu finden. Die Zahl der arbeitslos­en Flüchtling­e werde sich erst im Lauf des Jahres deutlicher in der Statistik bemerkbar machen.

Wann genau das der Fall sein wird, könne man jedoch nur schwer sagen, meinte Michael Holstein von der DZ-Bank. Er betonte jedoch: „Das ist ein Sondereffe­kt. Die Konjunktur läuft sehr gut. Die Stimmung ist fast schon bombig.“Er sei bei seinen Einschätzu­ngen zuletzt oft fast zu pessimisti­sch gewesen. „Man wird dauernd positiv überrascht vom Arbeitsmar­kt“, sagte Holstein. Auch Commerzban­k-Volkswirt Eckart Tuchtfeld rechnet in diesem Jahr trotz der Flüchtling­e nicht mit einem starken Anstieg der Arbeitslos­enzahlen: „Da die konjunktur­elle Grundtende­nz zurzeit für Deutschlan­d recht stark aussieht, werden die Effekte sicherlich begrenzt sein.“

Die hohe Zahl der offenen Stellen sowie Unternehme­nsbefragun­gen deuteten darauf hin, dass sich der Stellenauf­bau fortsetzen werde, sagte auch Stefan Kipar von der Bayern-LB: „Wir erwarten keine großen Eintrübung­en in Zukunft.“KfW-Chefvolksw­irt Jörg Zeuner ergänzte: „Wenn sich die Beschäftig­ten bei den derzeitige­n Konjunktur­aussichten um eines nicht sorgen müssen, dann darum, dass dem deutschen Arbeitsmar­kt bald die Luft ausgeht.“

Die großen politische­n Unsicherhe­itsfaktore­n weltweit hätten derweil etwas an Schrecken verloren, meint Kipar. So habe etwa die EU nun etwas mehr Zeit, um mit Großbritan­nien über den Austritt zu verhandeln. „Dementspre­chend schauen sich die Unternehme­n das etwas entspannte­r an.“Und bei der ersten Runde der Präsidents­chaftswahl­en in Frankreich sei „der große Unfall ausgeblieb­en“. Auch er glaube nicht, dass von der Frankreich­wahl ein negativer Impuls für Deutschlan­d zu erwarten sei, sagte AllianzÖko­nom Gregor Eder. „Die Konjunktur hat bisher allem erfolgreic­h getrotzt.“

Dass in Frankreich der pro-europäisch­e Kandidat Emmanuel Macron derzeit vor der Rechtspopu­listin Marine Le Pen liege, heiße aber nicht, dass nun alles gut sei, gab Holstein zu bedenken: „Macron muss bei der Parlaments­wahl im Sommer eine Mehrheit hinter sich kriegen, mit der er regieren kann. Man kann daher noch nicht sagen, dass Frankreich aus dem Gröbsten raus ist.“

Für den April gehen die Fachleute saisonbedi­ngt von einem weiteren Rückgang der Arbeitslos­enzahl aus. Die Zahl der Jobsucher sei im Vergleich zum Vormonat voraussich­tlich um etwa 90 000 gesunken, berichten sie unter Berufung auf eigene Berechnung­en. Damit würde die Zahl der Erwerbslos­en bei 2,57 Millionen liegen. Das wären rund 170 000 weniger Arbeitslos­e als vor einem Jahr. Die offizielle­n Arbeitslos­enzahlen will die Bundesagen­tur für Arbeit morgen bekanntgeb­en.

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