Die Mainzer trotzt dem Regen
Das Quartier Mainzer Straße feierte gestern seine Hoffeste und nutzte sie zur Diskussion über Stadtteil-Entwicklung und Dezember-Beleuchtung.
ST. JOHANN Kann man sich streiten und übergangslos friedlich über Weihnachten reden? Kann man. Zumindest wenn man am 1. Mai in geselliger Runde im Frühstücksraum des Hotels Leidinger sitzt. Dorthin hatte der Verein „Quartier Mainzer Straße“anlässlich seiner Hoffeste eingeladen. Ein Verein, der wie Bezirksbürgermeisterin Christa Piper lobte, „ein Geschenk ist für die Stadt“, weil er nicht einfach nur über Missstände klagt, sondern die zu beheben versucht. Und weil er bei Problemen nicht einfach nur nach „der Stadt“ruft, sondern zeigt, was Bürger selbst tun können.
Dieses Lob war unumstritten in der Runde der Politiker, Anwohner und Geschäftsleute, die sich zum Frühstück trafen. Das Lob, das Piper für einen Vorstoß hatte, den Baudezernent Heiko Lukas vergangene Woche machte, sorgte aber für Diskussionen.
Statt eines „städtebaulichen Vertrags“zwischen der Stadt und den Investoren, die das ehemalige Gelände des Citroën-Autohauses zwischen Großherzog-FriedrichStraße und Neugässchen neu beleben wollen, müsse ein Bebauungsplan her, hatte Lukas gefordert (die SZ berichtete). Richtig so, findet Piper. Denn im Gegensatz zum Vertrag beinhaltet der Bebauungsplan, über dessen Notwendigkeit man schon vor Jahren einig gewesen sei, eine Beteiligung der Öffentlichkeit. Und die sei wichtig, weil sich Anwohner Sorgen machen, dass zu hoch gebaut wird und ihre Wohnungen dadurch „verschattet“werden.
„Die Sicht der Bezirksbürgermeisterin ist in dem Fall eine eingeschränkte“, findet deren Parteifreund Peter Bauer. Der Vorsitzende der SPD-Stadtratsfraktion hält nichts von einem Bebauungsplan. Der sei vor einigen Jahren noch sinnvoll gewesen, als es darum ging, eine große Einzelhandelsfläche an dieser wichtigen Stelle zu verhindern. Nun da man Investoren hat, die vor allem Wohnraum schaffen wollen, überrasche es ihn, dass der Baudezernent die abgesprochene Linie verlassen will, sagt Bauer.
Ein Bebauungsplanverfahren verzögere das Projekt etwa um ein Jahr. Und ein solches Verfahren habe einen Nachteil gegenüber dem, was man eigentlich vorhatte – nämlich in einem Vertrag mit den Investoren Preise für „preisgünstigen Wohnraum“festzulegen. Gute Bauprojekt gebe es nämlich einige in der Innenstadt, aber eben keine, die für Durchschnittsverdiener Wohnungen im Angebot haben.
Das sieht auch Gerd Leidinger von der Initiative Mainzer Straße so. In der Innenstadt könne ein Investor nur verhältnismäßig günstige Wohnungen anbieten, wenn er möglichst viele Stockwerke bauen kann. Deshalb dürfe die Stadt „nicht in die Knie gehen, wenn Protest kommt“, findet Bauer. Und überhaupt: Das Projekt sei bisher transparent gewesen und werde es auch bleiben, weil der Stadtrat darüber öffentlich beraten wird.
Das reicht vermutlich nicht, wenn Anwohner dagegen klagen und dabei auf einen fehlenden Bebauungsplan verweisen, hält die Bezirksbürgermeisterin dagegen. Schon der Rechtssicherheit wegen, müsse man dem Vorschlag des Baudezernenten folgen.
Wie immer an anderer Stelle zu Ende diskutiert wird, die von der Initiative Mainzer Straße organisierten Gesprächsrunden seien ein guter Ort für solche offenen Debatten, befand Bauer – und überließ Piper das Feld beim Thema Weihnachten. Darüber könne man nicht früh genug reden, findet sie. Zumal dann, wenn wie von Andrea Dumont vom Verein angekündigt, in diesem Jahr eine Weihnachtsbeleuchtung das Quartier in Stimmung versetzen soll.
Weil es mit dem Strom aus den Häusern der Anwohner schwierig sei, überlege der Verein, eine Solarbeleuchtung anzuschaffen – also Lampen, die tagsüber aufladen und bei Dunkelheit strahlen. Piper glaubt, dass man auch eine üppigere Beleuchtung mit Strom aus der Steckdose hinkriegt. Sie werde da mal mit ein paar Leuten reden, kündigte sie an.