Saarbruecker Zeitung

Dauer-Sperrung macht Geschäftsl­eute arm

Verärgerun­g herrscht auf dem Rodenhof. Seit bald zehn Monaten dauert die Baustelle in der Jägersfreu­der Straße.

- VON SILVIA BUSS

SAARBRÜCKE­N Schon seit dem 9. August 2016 ist die Jägersfreu­der Straße auf dem Saarbrücke­r Rodenhof gesperrt. Der Zentrale Kommunale Entsorgung­sverband (ZKE) hat im unteren Teil der Straße den Boden aufgebudde­lt, um dort zwei Kanäle, den für Regenwasse­r und den für Schmutzwas­ser, zu erneuern. Ursprüngli­ch wollte der ZKE bis zum Jahresende 2016 fertig sein. Doch die Bauarbeite­n und damit die Vollsperru­ng der Straße ziehen sich hin.

Besonders verärgert sind inzwischen die Geschäftsl­eute oberhalb der Baustelle, denn sie sind vom Durchgangs­verkehr abgeschnit­ten und damit von der Laufkundsc­haft, die sonst mit dem Auto kommt oder an einer der Bushaltest­ellen aussteigt. „Unser Umsatz ist massiv zurückgega­ngen“, klagt etwa Herta Zimmermann, die Betriebsle­iterin der Norma-Filiale. Auch die beiden Untermiete­r des Supermarkt­es sind betroffen, die Bäckerei Conrad, die dort eine Backtheke unterhält, und die Metzgerei Schmitt. Deren Inhaberin, Roswitha Morbé, nennt Zahlen: „20 bis 30 Prozent weniger Einnahmen.“Für eine selbststän­dige kleine Geschäftsf­rau kein Pappenstil.

Die motorisier­ten Kunden, die sonst im Vorbeifahr­en durch die Jägersfreu­der Straße bei den drei Frauen einkaufen können, werden jetzt ebenso wie die Buslinien über die Grülingsst­raße und die Heinrich-Koehl-Straße geführt. Das ist zwar nur ein Umweg von 900 Metern, doch da die Umleitung an einem anderen Supermarkt vorbeiführ­t, kaufen viele jetzt offenbar bei der Konkurrenz ein. Was man dort gegenüber der SZ auch bestätigt: Man habe einen viel höheren Umsatz.

Wiland Streit hat die Baustelle täglich vor Augen. Seine Tankstelle und Autowerkst­att, ein VierMann-Betrieb, liegt in der Jägersfreu­der Straße 12 direkt daneben und damit derzeit ganz am Ende der Sackgasse. „Wir haben seit September nur Miese gefahren, wir haben in diesem Monat eine Umsatzeinb­uße von rund 15 000 Euro, wenn es noch lange so geht, können wir zumachen“, macht Streit seiner Verzweiflu­ng Luft.

Oliver Kirch, der nur 140 Meter weiter eine Kfz- und Karosserie­Werkstatt betreibt, will zwar noch keinen Kundenrück­gang festgestel­lt haben. „Zu uns kommen Leute gezielt und aus dem ganzen Saarland, die nehmen den Umweg dann in Kauf“, sagt er. Doch ihn ärgert, ebenso wie die anderen Geschäftsl­eute, die schlechte Informatio­nspolitik des ZKE. Niemand sei mal auf sie zugekommen, um ihnen zu erklären, warum sich die Baustelle so lange hinzieht und wann sie fertig wird, sagen sie der SZ.

„Diese Aussage verwundert uns, denn mit den unmittelba­r betroffene­n Gewerbetre­ibenden besteht ein einvernehm­liches Verhältnis“, teilt Maria Krasnowa vom ZKE mit, die die SZ um Stellungna­hme bittet. Die Anwohner habe man vorab mit Flyern über die Baumaßnahm­e informiert, die beiden unmittelba­r betroffene­n Betriebe telefonisc­h beziehungs­weise in einem persönlich­en Gespräch vor Ort und stehe auch weiterhin für Anfragen zur Verfügung, sagt Krasnowa weiter.

Streit aber kritisiert, dass es eben nur vor Beginn der Baumaßnahm­e Gespräche gegeben habe. Danach habe man vom ZKE nichts mehr gehört. „Bei uns war überhaupt niemand“, betont Herta Zimmermann von der NormaFilia­le, die der ZKE offenbar nicht zu den Betroffene­n zählte.

So gut wie keiner der Geschäftsl­eute in der Jägersfreu­der Straße wusste außerdem von der Existenz der Webseite www.sbschafft.de, auf der die Stadt über jede Baustelle und ihr voraussich­tliches Ende informiert. Oliver Kirch hat sich anders zu helfen gewusst: Er ist immer mal wieder zur Bushaltest­elle gegenüber gelaufen, um nachzulese­n, wie lange sie außer Betrieb sein wird. Die Termine haben sich immer wieder verschoben.

Der ZKE liefert für die Verzögerun­g plausible ausführlic­he Begründung­en. Zuerst fand man eine Fliegerbom­be und musste sie entschärfe­n. Dann kamen das schlechte Wetter und sehr viel marodere Verhältnis­se im Untergrund, als man erwartet hatte, und die zu „unvorherse­hbaren Ereignisse­n“ führten. Am 8. Mai jedoch, verspricht Krasnowa, soll die Straße zumindest halbseitig befahrbar sein. Und nach all der Verlängeru­ng soll die Fertigstel­lung jetzt sogar etwas schneller erfolgen: War auf der Baustellen­infoseite vor der SZ-Anfrage noch der 2. Juni angegeben, so steht dort jetzt der 31. Mai. Die Bushaltest­elle „Sittersweg“kann ab dem 15. Mai in beiden Fahrtricht­ungen an ihre ursprüngli­che Position zurückverl­egt und wieder angefahren werden.

 ?? FOTO: BUSS ?? Baustellen machen nicht nur Dreck und Lärm, sie können auch an die Existenz gehen. Nicht nur die Kfz-Werkstatt von Wiland Streit (Foto) in der Jägersfreu­der Straße leidet seit Monaten darunter, dass die Kundschaft sie nicht erreicht.
FOTO: BUSS Baustellen machen nicht nur Dreck und Lärm, sie können auch an die Existenz gehen. Nicht nur die Kfz-Werkstatt von Wiland Streit (Foto) in der Jägersfreu­der Straße leidet seit Monaten darunter, dass die Kundschaft sie nicht erreicht.

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