Saarbruecker Zeitung

Mit Musik und Lächeln gegen Krieg und Trümmer

Das Netzwerk Ankommen in Altenkesse­l organisier­te ein syrisches Konzert und gibt Geflüchtet­en ein Stück Heimat wieder

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und angekündig­t wird in Deutsch und Arabisch.

Gegründet wurde das Netzwerk im November 2014 von Helmut Kohler. Damals habe er gesehen, dass in der Gemeinscha­ftsunterku­nft im Ort ein Schild hing, auf dem in Arabisch „Willkommen“stand. Acht syrische Männer waren dort eingezogen. „Dann habe ich dort an die Tür geklopft und gefragt: Kann ich euch helfen?“, erzählt der 72-Jährige. „Und so fing alles an.“Heute, zweieinhal­b Jahre später ist das nur noch eine Geschichte, die er erzählt. Aus den acht syrischen Männern wurden 31 ganze Familien, über 200 Leute. Aus einem einzigen hilfsberei­ten, älteren Mann wurden mehr als 30 Helfer, die sich ehrenamtli­ch für die Integratio­n der Menschen engagieren.

So auch Alexandra Bauer. Sie hilft häufig beim Transport von Möbelspend­en oder beim Bearbeiten von Post, die für die Neuankömml­inge oft in zu komplizier­tem Deutsch verfasst ist. Im Gespräch zeigt sie auf einen jungen Syrer, der vorbeigeht. „Bei ihm hab’ ich meine erste Schussverl­etzung gesehen“, sagt sie. Beim Spaziereng­ehen auf der Straße sei er angeschoss­en worden, seine Hand trage die Narbe einer Gewehrkuge­l. „Das kann man sich hier gar nicht vorstellen, das ist alles so weit weg“, sagt sie kopfschütt­elnd. Dass viele solche Erlebnisse nicht unbeschade­t verarbeite­n können, erscheint logisch.

„Besonders die Frauen sind oft stark traumatisi­ert“, sagt Mona Wahbe, eine 38-Jährige aus dem Libanon, die in Deutschlan­d aufgewachs­en ist. Zusammen mit Gabi Scheidt leitet sie im Ort eine Frauengrup­pe, die mit verschiede­nen Projekten wie Tanzkursen oder Ausflügen die geflüchtet­en Frauen stärker integriere­n soll. Doch oft beginnt die Hilfe bei Alltagspro­blemen, bei der Verständig­ung mit Ämtern oder Vermietern.

Zum Beispiel auch bei Marwan Mohamad. Als er in eine eigene Wohnung zog, hatte er drei Monate lang kein warmes Wasser. Der Vermieter reagierte nicht auf seine Beschwerde­n. Dann traf er Helmut Kohler, der ihn in seinem Zuhause aufnahm. Während des Gesprächs mit Marwan betritt die neunjährig­e Alin die Bühne. Mit Krücken und Gips, denn vor ein paar Wochen hat sie sich das Bein gebrochen. Ihrer Stimme tut das aber keinen Abbruch. Zusammen mit ihrem Onkel Ibrahim singt die junge Kurdin ein Lied über die Heimat. In dem Flyer von Marwan ist die Liedfolge abgedruckt, zu dem Lied steht: „Es geht darum, wie schön und wichtig es ist, dass man eine Heimat hat“. Für Marwan zumindest ist diese Heimat nun Altenkesse­l.

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