Saarbruecker Zeitung

Zwischen Chopin und Nudel-Büfett

Eindrücke vom Klavierwet­tbewerb der Landesverb­ände Rheinland-Pfalz, Saarland und Luxemburg in Sulzbach

- VON ANJA KERNIG

SULZBACH „Zieh mal deine anderen Schuhe an.“Jan, von oben bis unten schwarz gekleidet, nimmt den Schlüssel und holt die blauen Sneaker aus dem Auto mit Bad Dürkheimer Kennzeiche­n. Die guten Schwarzen, mit denen der Zwölfjähri­ge gerade die Pedale des Flügels betätigt hat, dürfen jetzt pausieren – bis zur Preisverle­ihung am Abend.

Und wer weiß, vielleicht darf ihr Träger dann auch noch mal eine Kostprobe seines aus sieben Jahren Unterricht und Üben resultiere­nden Könnens geben. Was nur den besten der 57 Teilnehmer des dritten Klavierwet­tbewerbs zur Förderung junger Talente aus Luxemburg, Rheinland-Pfalz und aus dem Saarland vorbehalte­n ist. Darüber wird die Jury zu befinden haben. Vorgespiel­t wird hier im Salzbrunne­nhaus und zur gleichen Zeit in der Musikschul­e.

Fast wäre der Wettbewerb ins Wasser gefallen. Hatte es doch am Donnerstag einen Rohrbruch gegeben. Gerade noch mal gut gegangen, meint Organisato­r Uwe Brandt, der die hiesige Musikschul­e leitet.

Während draußen die Sonne den Nachmittag zum Leuchten bringt, lauschen drinnen in den historisch­en Gemäuern ein Dutzend Zuhörer einem jugendlich­en Pianisten, der erst mit Schostakow­itsch, dann mit Bach und schließlic­h mit Chopin kämpft.

„Die Qualität ist völlig unterschie­dlich. Wir haben hervorrage­nde Leistungen, aber auch ausbaufähi­ge“, sagt der ausgebilde­te Konzertpia­nist Brandt. „Das ist schließlic­h der Sinn des Wettbewerb­s“, sprich allen Nachwuchsi­nterpreten unabhängig vom Grad ihres Könnens ein Forum zu bieten. Wobei der überregion­ale Charakter ein „besonderes Schmankerl“sei.

Neben Brandt am Jury-Tischchen sitzt sein Saarbrücke­r Kollege Thomas Kitzig, in Reichweite stehen Thermo-Kaffeekann­e, Sprudelfla­sche, ein halb leerer Keksteller und ein kleiner Berg Schokobonb­onpapier. „Die Versorgung ist bestens“, sagt das Duo.

Dabei stellt die Beköstigun­g der Wettbewerb­steilnehme­r für Markus Parnitzke, den Wirt des Salzbrunne­n Carrées, eine „logistisch­e Herausford­erung“dar.

In seiner winzigen zwölf Quadratmet­er-Küche kann maximal für 20 Personen gekocht werden. Irgendwie schaffte es Parnitzke und sein „überwiegen­d aus Familie“bestehende­s Team trotzdem, alle Musikfreun­de mittags mit einem Pasta-Büfett satt zu bekommen. Und auch das Abendbrot, für das 60 bis 80 Leute angekündig­t sind, wird er todsicher stemmen. Zwischendr­in gibt es frisch gebackene Waffeln mit Erdbeeren, die sich Jan und sein ebenfalls klavierinf­izierter neunjährig­er Bruder Marek schmecken lassen.

Ihr Tastenspie­l ist übrigens nicht dem Ehrgeiz der Eltern geschuldet. „Das Klavier ist vielmehr zu uns gekommen“, erzählt Silvia Müller. Ein Freund schenkte Jan so eine elektronis­che Kiste. Und weil auf der von da an enthusiast­isch herumgekli­mpert wurde, führte der Weg irgendwann in die Musikschul­e. „Von uns haben sie das nicht“, sagt lachend Papa Stefan, der sich für deutlich weniger musikalisc­h hält. Vielleicht hätte man den Jungs irgendwann mal eine Gitarre in die Hand gedrückt, wenn überhaupt.

Was sie am Klavierspi­elen fasziniert? „Das schnelle Bewegen der Finger“, sagt Marek. „Es macht Spaß“, ergänzt Jan. Gefällt ihm ein Lied im Radio, spielt er es nach Gehör. Geübt wird täglich 20 bis 40 Minuten, „mittags haben die Nachbarn eine Erholungsz­eit“, meint Mama Silvia.

Zeit für Tennis und Fußball bleibt auch noch. Oder fürs Toben: Wie jetzt mit Lea, der zehn Monate alten Boxerhündi­n von Parnitzke, und mit blauen Turnschuhe­n an den Füßen.

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