Die Stimme kann man kontrollieren
Nur acht Prozent der Aufmerksamkeit bei einem Vortrag entfallen auf den Inhalt. Der Rest gilt der vortragenden Person und der Stimme.
SAARBRÜCKEN/HOMBURG Die Situation kennen viele Frauen: Sie wollen am Arbeitsplatz klarmachen, dass es nicht mehr so weitergehen kann, sie sind ärgerlich und wollen das auch endlich mal sagen. Über den Inhalt haben sie tagelang nachgedacht, denn der soll ja wichtig sein.
Und heraus kommt in der entscheidenden Situation dann eine Piepsstimme, die man genauso nicht haben wollte. „Das ist eine klassische Situation“, erklärt die Saarbrücker Schauspielerin, Stimm- und Sprechtrainerin Bettina Koch. „Bei Aufregung, Überarbeitung oder schlechter Tagesform versagt die Stimme.“
Und was ist mit dem tollen Inhalt, über den man sich den Kopf zerbrochen hat? „Der wird so gut wie gar nicht wahrgenommen“, ist Bettina Kochs ernüchternde Feststellung. Aber es gibt Abhilfe, denn „Emotionen kann man nicht völlig kontrollieren, die Stimme schon“. Der Weg dahin erfordert allerdings viel Übung, und die Stimme kann anhand eines Tagesseminars noch lange nicht kontrolliert werden, „aber darum geht es ja auch nicht. Ich möchte nur Anstöße geben, die die Frauen dann selbst weiterentwickeln können, wenn sie das möchten“.
Die Frauenbeauftragten der Stadt Homburg, Anke Michalsky, die Leiterin des Frauenbüros des Kreises, Birgit Rudolf, und der Club Business and Professionell Women (BPW) Saarpfalz veranstalten regelmäßig Tagesseminare, um Frauen beim Weiterkommen im Beruf zu unterstützen.
Diesmal geht es um „Stil und Stimme“. Aus diesem Grund waren sowohl die Sprechtrainerin Bettina Koch als auch die beiden Veranstalterinnen Birgit Rudolf und Anke Michalsky zu Gast in unserer Redaktion. Neben Bettina Koch wird auch Heidemarie Müller als Referentin zu Gast sein.
Heidemarie Müller leitete von 1999 bis 2011 als Protokollchefin die Stabsstelle Protokoll und Auswärtige Angelegenheiten der Staatskanzlei. Zusammen mit Bettina Koch hat sie das Seminar „Stil und Stimme“entwickelt, da Benehmen und Stimme miteinander verbunden sind.
„Die Stimme entscheidet darüber, wie sympathisch uns ein Mensch ist und ob wir ihn für authentisch halten. Die ersten Sekunden am Telefon legen den Grundstein für ein erfolgreiches Gespräch“, betont Bettina Koch.
Um souveränes Auftreten im Beruf, zu dem auch unabdingbar die richtige Stimme gehört, geht es deshalb in dem Tagesseminar, das am 20. Mai stattfindet. Viele Menschen machten den Fehler, Benimmfragen auszublenden, weil darauf keine deutliche Reaktion erfolge, erklärte Heidemarie Müller: „Niemand sagt der betreffenden Person ins Gesicht, sie sei ungepflegt, könne nicht anständig essen oder kleide sich nachlässig.“Stattdessen sage man es hinter vorgehaltener Hand, denn das Thema sei heikel. „Und dann wundern sich die Frauen, dass sie trotz besserer Qualifikation nicht weiterkommen, und wissen oft nicht, was sie falsch machen.“
Gerade bei beruflichen Veranstaltungen sei es wichtig, souverän und sympathisch aufzutreten, authentisch zu wirken und gewinnbringend zu repräsentieren, ob man nun eine Veranstaltung organisiert, eine Begrüßungsrede hält, das Büfett eröffnet oder geschäftliche Kontaktgespräche pflegt. „Wir machen dazu praktische Übungen“, sagt Koch.
Wie beim guten Benehmen gehe es auch bei der Stimme immer darum, locker und sympathisch rüberzukommen. Das gelingt aber nur, wenn man sich von Hemmnissen frei machen kann. Stolpersteine sind manchmal einfache Dinge wie dialektale Einsprengsel. „Es reicht schon, wenn man sich dabei ertappt, typisch saarländisch Tich und Fich statt Tisch und Fisch zu sagen“, erklärt Bettina Koch, „dann ist man ärgerlich auf sich selbst, schämt sich womöglich, und die Lockerheit ist verflogen.“
Deshalb wird sie auch Probleme mit dem Dialekt ansprechen: „Manchmal ist reines Hochdeutsch angebracht, manchmal können aber auch ein paar regionale Einsprengsel sympathisch wirken. Wir werden darüber sprechen, wann das geht und wann nicht.“Dazu wird auch Heidemarie Müller aus ihrer Erfahrung beitragen, was man dem Gegenüber an Dialekt zumuten kann und was nicht. Es geht aber auch um das Atmen, um das Luftholen im richtigen Moment, um das Atmen durch Nase oder Mund, um Ruhe und Konzentration beim Sprechen – und darum, Begeisterung für seinen Vortrag zu wecken. Bettina Koch sagt: „Bei Vorträgen wird nur zu acht Prozent auf den Inhalt geachtet, der Rest der Aufmerksamkeit entfällt auf die vortragende Person.“