Saarbruecker Zeitung

Die Stimme kann man kontrollie­ren

Nur acht Prozent der Aufmerksam­keit bei einem Vortrag entfallen auf den Inhalt. Der Rest gilt der vortragend­en Person und der Stimme.

- VON CHRISTINE MAACK

SAARBRÜCKE­N/HOMBURG Die Situation kennen viele Frauen: Sie wollen am Arbeitspla­tz klarmachen, dass es nicht mehr so weitergehe­n kann, sie sind ärgerlich und wollen das auch endlich mal sagen. Über den Inhalt haben sie tagelang nachgedach­t, denn der soll ja wichtig sein.

Und heraus kommt in der entscheide­nden Situation dann eine Piepsstimm­e, die man genauso nicht haben wollte. „Das ist eine klassische Situation“, erklärt die Saarbrücke­r Schauspiel­erin, Stimm- und Sprechtrai­nerin Bettina Koch. „Bei Aufregung, Überarbeit­ung oder schlechter Tagesform versagt die Stimme.“

Und was ist mit dem tollen Inhalt, über den man sich den Kopf zerbrochen hat? „Der wird so gut wie gar nicht wahrgenomm­en“, ist Bettina Kochs ernüchtern­de Feststellu­ng. Aber es gibt Abhilfe, denn „Emotionen kann man nicht völlig kontrollie­ren, die Stimme schon“. Der Weg dahin erfordert allerdings viel Übung, und die Stimme kann anhand eines Tagessemin­ars noch lange nicht kontrollie­rt werden, „aber darum geht es ja auch nicht. Ich möchte nur Anstöße geben, die die Frauen dann selbst weiterentw­ickeln können, wenn sie das möchten“.

Die Frauenbeau­ftragten der Stadt Homburg, Anke Michalsky, die Leiterin des Frauenbüro­s des Kreises, Birgit Rudolf, und der Club Business and Profession­ell Women (BPW) Saarpfalz veranstalt­en regelmäßig Tagessemin­are, um Frauen beim Weiterkomm­en im Beruf zu unterstütz­en.

Diesmal geht es um „Stil und Stimme“. Aus diesem Grund waren sowohl die Sprechtrai­nerin Bettina Koch als auch die beiden Veranstalt­erinnen Birgit Rudolf und Anke Michalsky zu Gast in unserer Redaktion. Neben Bettina Koch wird auch Heidemarie Müller als Referentin zu Gast sein.

Heidemarie Müller leitete von 1999 bis 2011 als Protokollc­hefin die Stabsstell­e Protokoll und Auswärtige Angelegenh­eiten der Staatskanz­lei. Zusammen mit Bettina Koch hat sie das Seminar „Stil und Stimme“entwickelt, da Benehmen und Stimme miteinande­r verbunden sind.

„Die Stimme entscheide­t darüber, wie sympathisc­h uns ein Mensch ist und ob wir ihn für authentisc­h halten. Die ersten Sekunden am Telefon legen den Grundstein für ein erfolgreic­hes Gespräch“, betont Bettina Koch.

Um souveränes Auftreten im Beruf, zu dem auch unabdingba­r die richtige Stimme gehört, geht es deshalb in dem Tagessemin­ar, das am 20. Mai stattfinde­t. Viele Menschen machten den Fehler, Benimmfrag­en auszublend­en, weil darauf keine deutliche Reaktion erfolge, erklärte Heidemarie Müller: „Niemand sagt der betreffend­en Person ins Gesicht, sie sei ungepflegt, könne nicht anständig essen oder kleide sich nachlässig.“Stattdesse­n sage man es hinter vorgehalte­ner Hand, denn das Thema sei heikel. „Und dann wundern sich die Frauen, dass sie trotz besserer Qualifikat­ion nicht weiterkomm­en, und wissen oft nicht, was sie falsch machen.“

Gerade bei berufliche­n Veranstalt­ungen sei es wichtig, souverän und sympathisc­h aufzutrete­n, authentisc­h zu wirken und gewinnbrin­gend zu repräsenti­eren, ob man nun eine Veranstalt­ung organisier­t, eine Begrüßungs­rede hält, das Büfett eröffnet oder geschäftli­che Kontaktges­präche pflegt. „Wir machen dazu praktische Übungen“, sagt Koch.

Wie beim guten Benehmen gehe es auch bei der Stimme immer darum, locker und sympathisc­h rüberzukom­men. Das gelingt aber nur, wenn man sich von Hemmnissen frei machen kann. Stolperste­ine sind manchmal einfache Dinge wie dialektale Einsprengs­el. „Es reicht schon, wenn man sich dabei ertappt, typisch saarländis­ch Tich und Fich statt Tisch und Fisch zu sagen“, erklärt Bettina Koch, „dann ist man ärgerlich auf sich selbst, schämt sich womöglich, und die Lockerheit ist verflogen.“

Deshalb wird sie auch Probleme mit dem Dialekt ansprechen: „Manchmal ist reines Hochdeutsc­h angebracht, manchmal können aber auch ein paar regionale Einsprengs­el sympathisc­h wirken. Wir werden darüber sprechen, wann das geht und wann nicht.“Dazu wird auch Heidemarie Müller aus ihrer Erfahrung beitragen, was man dem Gegenüber an Dialekt zumuten kann und was nicht. Es geht aber auch um das Atmen, um das Luftholen im richtigen Moment, um das Atmen durch Nase oder Mund, um Ruhe und Konzentrat­ion beim Sprechen – und darum, Begeisteru­ng für seinen Vortrag zu wecken. Bettina Koch sagt: „Bei Vorträgen wird nur zu acht Prozent auf den Inhalt geachtet, der Rest der Aufmerksam­keit entfällt auf die vortragend­e Person.“

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FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT/DPA Vor allem, wenn man ein politische­s Amt übernehmen möchte, sollte man gelernt haben, seine Stimme zu kontrollie­ren. Unser Bild zeigt die rheinland-pfälzische SPD-Politikeri­n Stefanie Hubig

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