„Jeder hat eine zweite Chance verdient“
Ringer Timo Badusch fliegt zur EM nach Serbien. Vor gut drei Jahren war der Köllerbacher fast raus.
SAARBRÜCKEN Timo Badusch trat zur Titelverteidigung bei den deutschen Meisterschaften im griechisch-römischen Stil am vergangenen Wochenende in Plauen nicht an, doch das störte den Ringer des KSV Köllerbach nicht die Bohne. „Nach meinem Erfolg beim Thor-Turnier hatte mir der Bundestrainer eine Teilnahme bei der Europameisterschaft in Aussicht gestellt“, erzählt der 26-Jährige: „Von daher kam die Nominierung nicht überraschend.“
Badusch fliegt daher diese Woche nach Serbien. Am kommenden Sonntag ringt er in Novi Sad um europäisches Edelmetall, da mussten die deutschen Titelkämpfe hintanstehen. „Ich denke nicht an Medaillen. Ich will an diesem Tag einfach nur meine beste Leistung auf die Matte bringen“, sagt Badusch: „Gelingt das, habe ich sicher Chancen.“
Badusch bei der Europameisterschaft? Daran hätte vor gut drei Jahren kaum jemand geglaubt. Der Köllerbacher war im Grunde raus aus dem Leistungssport. „Es war das erste Mal, dass ich einen Sportler aus dem Leistungskader gestrichen habe“, erinnert sich Landestrainer Frank Hartmann: „Timo hat sich vom Weg abbringen lassen. Ich musste reagieren, um ihn zu retten.“Berufsausbildung, Privatleben und Leistungssport passten damals nicht mehr zusammen. „Es war schwer, mit den ganzen Fehlzeiten das Studium bei der Polizei anzuschließen“, sagt Badusch, der ein Jahr lang nur noch im Verein auf der Matte stand. Dann setzten sich Trainer und Sportler wieder an einen Tisch. „Jede Tür hat einen Schlüssel, jeder Sportler ist eigen“, sagt Badusch: „Ich bin sehr kritisch, aber auch selbstkritisch. Das mag für manche schwierig erscheinen, aber mit dem Trainer klappt das. Niemand außer uns weiß, was wir in seinem Büro besprechen. Aber wir finden immer einen gemeinsamen Weg.“
Die erste Entscheidung war ein Wechsel der Gewichtsklasse von 75 auf 71 Kilo. „Sie ist maßgeschneidert für meinen Körperbau“, sagt der 1,85 Meter große Athlet. Viele richtige Schritte folgten – nun tritt er wieder ins ganz große Rampenlicht. Ein Weg, auf dem auch Freundin Sarah eine wichtige Rolle spielt. Die beiden beziehen gerade eine gemeinsame Wohnung. „Sie unterstützt mich immer, hat auch viel Verständnis, wenn ich Gewicht machen muss und dann nicht so gut gelaunt bin“, erzählt Badusch: „Und sie kümmert sich viel um die richtige Ernährung.“
Vier Kilo müssen bis zum Wiegen in Novi Sad runter, ansonsten ist die Vorbereitung weitestgehend abgeschlossen. „Timo ist im Bodenkampf Weltklasse“, sagt Trainer Hartmann: „Doch der Weltverband hat noch nicht festgelegt, ob bei der EM nur im Stand gekämpft wird.“Das wäre ein Nachteil für den Saarländer.
„Mein Idol ist Alfred Ter-Mkrytchyan. Seine Hebetechniken haben mich fasziniert“, erzählt Badusch über seine Beweggründe für den klassischen Stil: „Mein Papa Stefan war Freistil-Ringer, dem hat das anfangs nicht so gefallen.“Der ist aber mittlerweile stolz auf ihn – wie auch sein Trainer. „Jeder hat eine zweite Chance verdient. Timo hat es von fast ganz draußen zurück an die Spitze geschafft“, sagt Hartmann und sieht die Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen: „Er hat erst 60 Prozent seiner Möglichkeiten abgerufen.“Timo Badusch weiß, was er kann und was er will: „Der Spaß ist wieder da, dann kommt der Erfolg fast von alleine.“