Saarbruecker Zeitung

„Le Pen wäre ein Totalschad­en“

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BERLIN Nach der Präsidents­chaftswahl in Frankreich am Sonntag muss es laut dem Vorsitzend­en der deutsch-französisc­hen Parlamenta­riergruppe im Bundestag, Andreas Jung (CDU), dringend neue Impulse in der Zusammenar­beit geben. Möglich sei das nur, wenn Emmanuel Macron gewinne.

Herr Jung, was wäre, wenn Marine Le Pen die Wahl in Frankreich gewinnen würde?

JUNG Dann wäre die EU auf der Intensivst­ation und es wäre ein Totalschad­en für den deutschfra­nzösischen Motor. Außerdem wären die Folgen für Frankreich, gerade die wirtschaft­lichen, unabsehbar. Vermutlich sogar katastroph­al.

Le Pen behauptet das Gegenteil – sie will Frankreich wieder stärker machen.

JUNG Ich bin überzeugt, alle würden verlieren. Wenn man sich vorstellt, man hätte in den laufenden Brexit-Verhandlun­gen auch noch eine Frexit-Abstimmung mit einer französisc­hen Präsidenti­n, die gleichzeit­ig raus will aus Euro und Binnenmark­t: Das würde Europa und Frankreich ins Herz treffen – und alle schwächen.

In den Umfragen lag Le Pen zuletzt bei um die 40 Prozent. Wieso diese Unterstütz­ung?

JUNG Es gibt eine sehr große Entfremdun­g zwischen der politische­n Klasse in Frankreich und den Bürgern. Das ist die Folge vieler Enttäuschu­ngen und der Wahrnehmun­g, die französisc­he Politik sei unfähig, Probleme zu lösen. Auch spielt die wirtschaft­liche Situation eine Rolle, die allerdings insgesamt gar nicht so schlecht ist, aber in manchen Vororten und teilweise auf dem Land doch gravierend. Dort fühlt man sich von Paris nicht gehört. Und dann spielen da noch die Probleme missglückt­er Integratio­n eine Rolle.

Le Pen sagt, Frankreich werde sowieso von einer Frau regiert werden. Wenn nicht von ihr, dann von Frau Merkel. JUNG Das ist großer Quatsch und eine Unverfrore­nheit gegenüber ihrem Mitbewerbe­r Emmanuel Macron.

Was wäre denn, wenn Macron die Wahl gewinnen würde?

JUNG Er hat sich klar für Europa positionie­rt. Und ich bin mir sicher, er würde ein starker Partner auf Augenhöhe sein. Deshalb gibt es in Deutschlan­d die verbreitet­e Hoffnung, dass er das Rennen macht.

Wäre er auch ein unbequemer Partner?

JUNG Bestimmt. Das ist im Wahlkampf schon deutlich geworden. Er hat die Handelsübe­rschüsse kritisiert und in einigen Fragen durchaus eine andere Haltung als wir. Deswegen bin ich mir sicher, dass er auch ein fordernder Partner sein würde. Da er sich zu Europa und zur deutsch-französisc­hen Partnersch­aft bekennt, wäre man zu Kompromiss­en fast verpflicht­et. Denn die 40 Prozent, die in Frankreich kritisch gegenüber der EU und Deutschlan­d eingestell­t sind, müssen wieder überzeugt werden. Insofern haben wir ein großes Interesse daran, dass Macron nach einer gewonnen Wahl erfolgreic­h regiert. Ansonsten wird es in fünf Jahren kippen. Das würde uns dann teurer zu stehen kommen als Kompromiss­e mit Macron.

Das Gespräch führte Hagen Strauß.

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FOTO: BUNDESTAG Andreas Jung

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