Saarbruecker Zeitung

„Wir stehen vor einem radikalen Wandel“

Der neue IHK-Präsident Hanno Dornseifer sieht die heimische Wirtschaft im Umbruch – und sieht Handlungsb­edarf.

- VON JOACHIM WOLLSCHLÄG­ER über die Entscheidu­ng, in der IHK das Präsidente­namt zu übernehmen

SAARBRÜCKE­N Seit einer Woche hat die saarländis­che Industrie- und Handelskam­mer (IHK) einen neuen Präsidente­n. Hanno Dornseifer, Chef des Versorgers VSE, hat die Nachfolge im Amt von Richard Weber angetreten. Und schon muss er sich politisch äußern. Zur neuen alten Koalition in der Regierung.

Das „zu- kunftsorie­ntierte ganzheitli­che Standortko­nzept“sei zu begrüßen, sagt er. Vor allem die angekündig­ten Investitio­nen in Infrastruk­tur und Hochschule ab 2020. Trotzdem sei noch nicht zu erkennen, wie beherzt die neue Landesregi­erung den Weg tatsächlic­h gehen will. „Hier müssen im Verlauf der Legislatur­periode noch deutliche Akzente gesetzt werden“, sagt er.

Eigentlich will Dornseifer noch gar nicht prominent mit Positionen als IHK-Präsident an die Öffentlich­keit gehen. „Ich bin letztlich Vertreter der IHK-Vollversam­mlung – und deshalb möchte ich die Positionen der Kammer jetzt erst einmal mit der Vollversam­mlung erarbeiten“, sagt er.

Wenn er sich jetzt also äußere, tue er es nicht als IHK-Amtsträger sondern als Privatmann: Der hat aber eine klare Sicht auf das Saarland und seine Nachbarn. Die Situation der saarländis­chen Wirtschaft beispielsw­eise schätzt er als stabil und gut ein, sieht aber perspektiv­isch zahlreiche Herausford­erungen: „Wenn ich mir anschaue, von was die Saar-Wirtschaft überwiegen­d gespeist wird – Kraftwirts­chaft, Autound Stahlindus­trie –, stellt sich schon die Frage nach der Zukunft.“All diese Branchen stehen vor einem deutlichen Umbruch. „Wir müssen uns bewusst sein, dass wir vor einem radikalen Wandel

Hanno Dornseifer stehen. Ich will nicht sagen, dass wir das nicht hinbekomme­n, aber man muss etwas tun.“

Beim Blick über den Tellerrand hinaus sieht er zwar einerseits Probleme in Europa – den Brexit und die Entwicklun­g in Polen oder Ungarn müsse man schon ernst nehmen – aber auch all das Positive wie offene Grenzen, eine gemeinsame Währung und den gemeinsame­n Markt. „Die Grundaussa­ge infrage zu stellen, dass wir die Herausford­erungen nur gemeinsam bewältigen können, halte ich für einen Kardinalfe­hler.“

Die Entscheidu­ng, das Amt des IHK-Präsidente­n anzunehmen, hat für Dornseifer vor allem mit gesellscha­ftlicher Verantwort­ung zu tun: „Ich habe mir für die Entscheidu­ng schon Zeit genommen“, sagt er. Letztlich sei Nein für ihn aber „nicht die richtige Antwort“gewesen. „Wir haben alle eine soziale Verantwort­ung für die Weiterentw­icklung des Landes“, sagt er. Er habe dazu das Glück, dass die VSE als Arbeitgebe­r es unterstütz­e, wenn Mitarbeite­r diese Verantwort­ung übernehmen. „Ohne solche Strukturen geht es auch nicht“, resümiert Dornseifer.

Die Kammer selbst sieht er in einem guten Zustand. Anders als in einigen anderen Bundesländ­ern, wo es größeren Ärger wegen der Zwangsmitg­liedschaft gebe, sei die Saar-IHK insbesonde­re mit Blick auf kleinere Firmen gut aufgestell­t. „Es gibt hier eine Reihe von Angeboten, die gerade für kleine Firmen wichtig sind, weil sie sie sich alleine gar nicht leisten könnten.“Das betreffe vor allem Firmen, die im Export aktiv sind.

„Nein war für mich nicht

die richtige Antwort.“

 ?? FOTO: BECKER & BREDEL ?? Hanno Dornseifer ist seit einer Woche neuer IHK-Präsident. Jetzt will er mit der Vollversam­mlung Standpunkt­e erarbeiten.
FOTO: BECKER & BREDEL Hanno Dornseifer ist seit einer Woche neuer IHK-Präsident. Jetzt will er mit der Vollversam­mlung Standpunkt­e erarbeiten.

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