Saarbruecker Zeitung

In die Lehre mit wilden Tieren

SERIE AUSBILDUNG 2017 Wer eine Ausbildung im Saarbrücke­r Zoo machen möchte, muss sich gegen viele Bewerber durchsetze­n.

- VON JANA FREIBERGER Auszubilde­nde im Saarbrücke­r Zoo

SAARBRÜCKE­N Zwei Zicklein dösen zusammenge­rollt inmitten des Streichelz­oos. Die Sonne wärmt ihre kleinen Bäuche. Ihre Rücken haben sie an einen Felsen geschmiegt. Eine Woche sind sie alt. Sanft hebt Hannah Wilinski eine der kleinen Ziegen auf ihren Schoß. Sie streichelt über das weiche, warme Fell. „Ein Traumjob, oder?“, fragt sie und lacht. Plötzlich meckert die Mama der Kleinen. Schnell laufen die Zicklein zu ihr und beginnen an ihrem Euter zu trinken. Wilinski schmunzelt. „Essen ist halt wichtiger als Schmusen.“

Die gebürtige Berlinerin macht im Saarbrücke­r Zoo eine Ausbildung zur Tierpflege­rin. Zurzeit arbeitet sie im Huftierrev­ier. Der Streichelz­oo ist früh am Morgen ihre erste Station. Zum Schmusen bleibt nicht immer Zeit. Das Gehege muss zügig sauber gemacht, die Tiere gefüttert werden. Auf den Streichelz­oo folgen die Gehege der Yaks, der Guanakos und der Walliser Ziegen. Erst dann ist Zeit für ein kurzes Frühstück. Nach der Pause heißt es wieder: sauber machen und füttern. Nun sind die Kamele, Emus, Kängurus und Pferde dran. Ein körperlich anstrengen­der Job. Besonders für die zierliche Wilinski. „Ich musste eine Zeit lang eine Schiene tragen, weil meine Hand Probleme gemacht hat“, sagt die 21-Jährige.

Eigentlich wollte sie nach dem Abitur studieren. Doch dann habe ihr kein Studiengan­g wirklich zugesagt, erzählt die junge Frau. Sie suchte Hilfe bei einer Berufsbera­terin. „Ich war schon immer gerne draußen, und ich bin jahrelang geritten“, sagt Wilinski. Die Berufsbera­terin rät zu einer Ausbildung zur Tierarzthe­lferin oder zur Tierpflege­rin. Also machte sie Praktika im Dresdner und im Kölner Zoo. Außerdem flog sie für drei Monate nach Kanada. In der Nähe von Vancouver arbeitete sie mit Wildtieren.

Im vergangene­n August hat Wilinski ihre Ausbildung begonnen. Der Weg dorthin war steinig. Trotz ihrer Praktika. Die Plätze sind begehrt, die Anforderun­gen hoch. Viele Zoos lehnten sie ab. Zu groß war die Anzahl der Bewerber. „In der Stuttgarte­r Wilhelma kommen auf drei oder vier Plätze etwa 2000 Bewerber“, berichtet Wilinski. In Saarbrücke­n konnte sie mit ihren bisherigen Erfahrunge­n punkten. Alle zwei Jahre schreibt die Stadt zwei Ausbildung­sstellen aus – etwa hundert Interessen­ten bewerben sich auf die raren Plätze. Bei einem Eignungste­st wurden ihre Kenntnisse in Mathe und Deutsch getestet. Fachwissen wurde abgefragt. „Zur Vorbereitu­ng habe ich die komplette Homepage des Zoos auswendig gelernt“, erzählt Wilinski, die in der Nähe von Dresden aufgewachs­en ist. Sie bestand den

Hannah Wilinski Test, wurde zu einem Vorstellun­gsgespräch eingeladen und musste dann ihr praktische­s Können beweisen. Futter vorbereite­n, die Zutaten benennen, erklären, welches Mittagesse­n zu welchem Tier gehört. Hannah Wilinski überzeugte.

Die Auszubilde­nde ist glücklich. „Das Team hier ist richtig nett, die Ausbildung ist genau so, wie ich es mir vorgestell­t habe“, sagt sie. Auch die Bezahlung sei gut. Etwa 900 Euro brutto verdient sie im ersten Jahr. Nach der Ausbildung erhält ein Tierpflege­r nach Angaben der Stadt Saarbrücke­n 2250 Euro brutto. Je nach Tätigkeit und Berufserfa­hrung kann das Gehalt auf knapp 3000 Euro brutto steigen.

Alle zwei Monate besucht Wilinski für drei bis fünf Wochen die Schule. In Ettlingen, in BadenWürtt­emberg. Der Mathe- und Deutschunt­erricht fällt der Abiturient­in sehr leicht. Doch auf dem Stundenpla­n stehen auch für sie noch unbekannte Fächer wie Futtermitt­elkunde und Zuchtplanu­ng. Innerhalb des Zoos muss sie sieben Stationen durchlaufe­n. Auf die Seehunde freue sie sich besonders, sagt sie.

Doch vor einer Aufgabe graut der Auszubilde­nden schon jetzt. Im letzten Jahr muss die Vegetarier­in bei der Schlachtun­g eines Pferdes dabei sein. Schwer für Wilinski. Doch auch das sei eben Teil der Ausbildung.

„Zur Vorbereitu­ng habe

ich die komplette Homepage des Zoos auswendig gelernt.“

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FOTO: ROLF RUPPENTHAL Vorsichtig kommt das Känguru näher. Die Auszubilde­nde Hannah Wilinski lockt es mit Futter an.

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