Große Gefühle bei den Musikfestspielen
SAARBRÜCKEN Nur eine kleine Irritation gab es am Donnerstag beim 4. Konzert der Musikfestspiele Saar, die ja unter dem Motto Deutsch-Chinesische Klangwelten stehen: Dass nämlich weder Orchester noch Interpreten, noch Kompositionen aus China stammten. Stattdessen stand in der Congresshalle Korea im Fokus: Zu Beginn gleich mit der auf traditioneller Volksmusik basierenden Fantasie für Orchester „Arirang“des nordkoreanischen Komponisten Sung-Hwan Choi. Eine ländliche Idylle, die bei europäischen Hörern verschiedene Emotionen und Erinnerungen weckt. Mal klingen Motive an, wie sie Puccini in seiner Japan-Oper „Madama Butterfly“verwendet, dann wieder lassen die Bläser mit Hirtenflöte und Vogelgewitscher ländliche Idylle aufleben, schwingen sich mit großem Orchester zu großem Pathos auf, um unvermittelt zu einem beschwingten Walzer zu wechseln. Die Lebhaftigkeit dieses wenige Minuten langen Stücks machte neugierig auf mehr.
Als erster Höhepunkt folgte Max Bruchs Violinkonzert Nr. 1 g-moll. Ein Gassenhauer, den sicher manch ein Besucher von vorne bis hinten mitsingen kann. Der Solist Vadim Repin, begleitet vom Daejeon Philharmonic Orchestra unter James Judd, legte es unerwartet langsam an. Das Allegro Moderato des ersten Satzes war fast schon ein Adagio, was die Melodien sanglich, beinahe dramatisch, im Piano dagegen wieder sakral erscheinen ließ. Nach den langsamen ersten Sätzen zogen Repin und Judd das Tempo im dritten Satz deutlich an, um im Finale einen furiosen Endspurt zu liefern.
Das Gast-Orchester aus Korea demonstrierte schon bei den ersten beiden Stücken große Klasse, war beim Bruch nur ein, zwei Mal im Piano etwas zu präsent. Flexibel dagegen zeigte es sich bei der Zugabe, als es Repin spontan bei Paganinis Variationen über den „Karneval in Venedig“begleitete.
Als zweiten Höhepunkt präsentierten das koreanische Orchester und sein britischer Dirigent dann Rachmaninows zweite Sinfonie emoll. Ein Werk, das schon wegen seiner Länge von gut einer Stunde seltener auf den Programmen steht. Rachmaninows spätromantisches Werk mit seinen sich immer wieder neu entwickelnden Melodien, unterbrochen von lebhaften Ausbrüchen, forderte Höchstleistungen von den Musikern. Judd wurde dem mehr als gerecht, ließ Geigen und Bläser immer wieder tänzerisch Melodiefragmente ausarbeiten, um diese dann mit schnellen rhythmischen Einwürfen zu überrollen. Erst im dritten, hoch melodiösen Satz ließ er endlich dem großen Gefühl seinen Raum.
Ein musikalisch wie künstlerisch großartiger Abend, der leider nicht die angemessene Zahl an Besuchern hatte.