Saarbruecker Zeitung

Der neue Mann und seine Herkules-Aufgabe

Auf den jungen Schultern des französisc­hen Staatschef­s Macron ruhen gewaltige Hoffnungen – nicht nur im eigenen Land.

- VON STEPHANIE LOB UND CHRISTINE LONGIN

PARIS (afp/SZ) Die Vorschussl­orbeeren für Emmanuel Macron sind immens: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagt zum Beispiel, auf den neu gewählten französisc­hen Präsidente­n blicke ganz Europa. Er trage „die Hoffnung von Millionen von Franzosen“und auch „von vielen Menschen in Deutschlan­d“. Eine große Last ruht nun auf Macrons jungen Schultern. Der 39-Jährige soll nicht nur dazu beitragen, die EU aus dem Brexit-Schock zu führen. Er will auch die wirtschaft­liche Lähmung seines Landes überwinden und die tief gespaltene Nation einen. Eine Herkulesau­fgabe für einen Mann, der zum ersten Mal in ein politische­s Amt gewählt wurde – und dann gleich als französisc­her Staatschef, dessen Macht in der EU beispiello­s ist.

Ein wenig erinnert Macron an den früheren US-Präsidente­n Barack Obama. Dieser erhielt gleich zu Beginn seiner Amtszeit den Friedensno­belpreis und mühte sich dann jahrelang, den Erwartunge­n gerecht zu werden. Zweifellos hat Macron als jüngster Staatschef Frankreich­s einen Platz in den Geschichts­büchern sicher. Französisc­he Medien zollten ihm dafür Tribut. Die Wirtschaft­szeitung „Les Echos“lobte Macron als „Anti-Trump“, der die Rechtspopu­listin Marine Le Pen mit 66,1 Prozent der Stimmen deutlicher als erwartet in die Schranken wies.

Macron selbst wirkte gestern vor allem ermattet. Bei seinem ersten offizielle­n Auftritt zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs schloss er am Pariser Triumphbog­en neben dem scheidende­n Staatschef François Hollande kurz die Augen und bekam sie nur mit Mühe wieder auf. Das wundert nicht, nach seinem Marathon-Wahlkampf.

Die größten Herausford­erungen aber liegen noch vor ihm: Macrons wichtigste Aufgabe wird es sein, das stark gespaltene Land zu einen und zugleich überfällig­e Reformen anzuschieb­en. Viele Wähler aus dem linken Lager sehen in dem früheren Investment­banker einen Freund des Großkapita­ls, der den Sozialstaa­t abschaffen will. Viele Konservati­ve fordern dagegen härtere Reformen und null Toleranz für Islamisten. Ganz zu schweigen von den Anhängern Le Pens, die seinen EU-freundlich­en Kurs ablehnen. Auf diese Wähler ging er bereits am Wahlabend bei seiner Siegesfeie­r vor dem Louvre zu, die er symbolisch mit der Europahymn­e einläutete.

Unterdesse­n bastelt der neue Mann im Elysée an seinem künftigen Kabinett, das er spätestens am Montag bekannt geben will. Darunter werden sicher einige der „Macron Boys“sein, wie die meist jungen Männer genannt werden, die Macron seit Monaten umgeben. Alexis Kohler gehört dazu, der frühere Bürochef, der neuer Generalsek­retär werden soll. Zusammen mit Kohler dürfte Macron auch andere Youngster mit in den Elysée nehmen – wie etwa die „graue Eminenz“seiner Bewegung „En Marche“, den erst 30 Jahre alten Ismaël Emelien.

Nur noch 15 Minister soll es im Kabinett Macron geben, darunter die Hälfte Frauen. Auch die verschiede­nen politische­n Strömungen

sollen vertreten sein – gemäß dem Motto von „En Marche“, das sowohl rechts als auch links sein will. Offen ließ Macron, ob er eine Frau zur Premiermin­isterin machen könnte. Falls doch, hat Sylvie Goulard gute Chancen. Die Europaabge­ordnete der Zentrumspa­rtei Modem wäre für Deutschlan­d eine gute Nachricht, denn die energische 52-Jährige spricht fließend Deutsch.

Während er seine Mannschaft bildet, hat Macron auch schon weitere Termine vor der Brust. Am Sonntag zieht er in den Elysée ein. Und kurz darauf ist ein Antrittsbe­such geplant – bei Angela Merkel.

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FOTO: DPA Der eine kommt, der andere geht: Frankreich­s künftiger Präsident Emmanuel Macron (links) und Noch-Amtsinhabe­r François Hollande zeigten sich gestern gemeinsam in Paris. Am Sonntag zieht Macron in den Elysée ein.
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