Saarbruecker Zeitung

Neue Datenplatt­form gegen Google und Co.

Deutsche Konzerne wollen US-Internet-Riesen entgegentr­eten und gemeinsam einen einheitlic­hen Zugang zu Online-Diensten anbieten.

- VON ANDREJ SOKOLOW UND CLAUDIA HORN Produktion dieser Seite: Volker Meyer zu Tittingdor­f Joachim Wollschläg­er

BERLIN (dpa/afp) Mehrere große deutsche Konzerne wollen mit einer übergreife­nden Daten-Plattform gegen die heutige Dominanz von US-Schwergewi­chten wie Google und Facebook ankämpfen. Mit dabei sind zunächst die Allianz, Axel Springer, Daimler, die Deutsche Bank mit der Postbank und der Kartendien­st Here der deutschen Autobauer. Die Idee ist ein einheitlic­her Zugang zu Online-Diensten. Bis Mitte 2018 soll es soweit sein. Die Umsetzung des Projekts stehe aber noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Wettbewerb­sbehörden, schränkten die Partner gestern ein.

Noch steckt das Vorhaben in den Kinderschu­hen. Technische Details sind bislang unklar. Geplant ist aber, dass Internetnu­tzer sich auf der Plattform registrier­en und identifizi­eren und im Gegenzug einen konkreten Schlüssel erhalten. Mit dem können sie dann die Angebote ihrer Bank und ihrer Versicheru­ng nutzen, digital lesen und sich künftig vielleicht ein Auto leihen oder einen Flug buchen. Auch mit der Deutschen Telekom laufen Gespräche über eine Mitarbeit.

Bislang laufen Anmeldunge­n bei Dienstleis­tern vielfach über Profile bei Google, Facebook oder Twitter. Zum Beispiel können sich Nutzer bei Online-Ticketanbi­etern oder Kontaktbör­sen direkt mit der Google- oder Facebook-ID (Identität) anmelden, um die Inhalte zu nutzen. So müssen Internetnu­tzer nicht überall neue Anmeldedat­en hinterlege­n. In Europa gibt es immer wieder Kritik an der Dominanz von US-DatenPlatt­formen im Internet. Der Plan der deutschen Konzerne ist nun der bisher ambitionie­rteste Versuch, einen Gegenpol aufzubauen. Sie sprechen von einer gemeinsame­n „Registrier­ungs-, Identitäts- und Datenplatt­form“. Die Europäer sollten sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bank. Europa müsse seine Stärken in der Digitalisi­erung „voll ausspielen“, sagte Deutsche-BankManage­r Christian Sewing.

Kern des Angebots soll ein sogenannte­r „Generalsch­lüssel“werden: „Diesen können Kunden dann branchenüb­ergreifend verwenden, um sich im Internet zu registrier­en und zu identifizi­eren.“Die Partner werben mit dem in Europa wichtigen Datenschut­zArgument: Die Nutzer könnten selbst bestimmen, welche Daten hinterlegt und weitergege­ben werden sollen, heißt es. Das sei bei Facebook und Google nicht der Fall.

Die Initiative hat große Ausbauplän­e für die Zukunft. Unternehme­n aus den Bereichen Handel, Luftfahrt und Telekommun­ikation sowie weiteren Branchen sollen kurzfristi­g als Partner gewonnen werden, hieß es. Erste Verhandlun­gen mit interessie­rten Unternehme­n liefen bereits. Unter anderem hätten kürzlich Gespräche mit der Deutschen Telekom begonnen.

Auch die Entwicklun­g digitaler Zahlungs- und Finanzdien­stleistung­en sei mit der Plattform möglich. In einer späteren Ausbaustuf­e seien zusätzlich­e Funktionen wie ein digitaler Behördenzu­gang denkbar. Mit dem „Generalsch­lüssel“könnten dann also auch der neue Personalau­sweis oder ein Visum beantragt werden.

Mit den Partnern aus den Branchen Versicheru­ng, Medien, Auto und Banken deckt die Initiative bereits ein breites Datenspekt­rum ab. Mit Here sind indirekt auch die Autobauer BMW und Audi eingebunde­n, denen der Kartendien­st neben Daimler gehört.

Weiteres Mitglied der Initiative ist der Technologi­e-Thinktank Core. Auch das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikat­ionssystem­e sowie die European School of Management and Technology seien eingebunde­n, um das Projekt wissenscha­ftlich zu begleiten. „Die Kooperatio­n versteht sich als wettbewerb­sfähige, europäisch­e Antwort auf die internatio­nale Plattformw­irtschaft“, erklärten die Teilnehmer.

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FOTO: KUMM/DPA Der Kartendien­st Here, der Audi, BMW und Daimler gehört, beteiligt sich an der neuen Daten-Plattform.

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