Gläserne Schätze für die ganze Welt
In der Manufaktur von Baccarat entstehen seit mehr als 250 Jahren Glanzstücke aus Kristallglas. Einblicke dazu gibt es im Museum.
BACCARAT Seit bald 40 Jahren arbeitet Alain Denain in der Manufaktur. Doch wenn er von seinem Job spricht, hört er sich an wie ein Auszubildender, der aufgeregt von seinem ersten spannenden Arbeitstag erzählt. Im Alltag beim Baccarat-Kristallwerk braucht der Mann mit der grauen Brille einen langen Atem und eine ruhige Hand. Die glühende Kristallglasmasse, die aus dem Ofen kommt, ist um die 1200 Grad heiß. Der Fuß, der Stiel, der Kelch: Jedes Teil des Glases wird von dem Kristallglasbläser hergestellt. Weicht das Stück zu sehr vom Modell ab, ist es unbrauchbar. „Die Toleranz beträgt einen Millimeter“, erklärt Denain. Im lothringischen Werk entstehen Gläser, Geschirr, Leuchter, Schmuck und Statuetten aus hochwertigem Kristall. Hier geht es nicht um Massenproduktion, sondern um Sammlerstücke, um den Prunk der Reichen und Mächtigen.
„Baccarat war Lieferant der Könige. Vom russischen Hof kamen so viele Aufträge, dass ein Ofen ausschließlich den russischen Bestellungen gewidmet war“, erklärt Christine Henissart, die das Museum neben der Manufaktur leitet. An einem nach dem Zaren Nikolai II. benannten „Zarenglas“arbeiten Glasbläser, Schleifer und Maler rund 30 Stunden. Es ist nicht nur Präzision, sondern die Suche nach der Perfektion. Und die hat den entsprechenden Preis. Das Zarenglas kostet 2500 Euro pro Stück. Dieses und weitere Juwelen aus den Baccarat-Kollektionen können die Besucher im Museum bewundern, das vor einem Jahr neu eröffnet wurde. Es ist zwar klein, doch jeden Tag steht ein Mitarbeiter am Empfang, der gerne Auskunft über die Exponate und die Arbeit in der Manufaktur gibt. Die Prunkstücke aus der 252jährigen Geschichte der Kristallerie zeigt auch die Entwicklung der Produkte.
So steht neben der Kronleuchter-Stehlampe von 1850 mit Kerzen auch das Nachfolgemodell, bei dem die elektrischen Kabel elegant in hohlen Armen versteckt sind. „Zwar entwickeln unsere Designer auch jedes Jahr neue Kollektionen, doch auch die alten Modelle werden immer wieder neu entdeckt. Wir haben alle Entwürfe sorgfältig aufbewahrt“, erklärt Henissart. 80 Prozent der Baccarat-Produkte werden exportiert.
Die weltweite Wirtschaftskrise schlägt sich nicht in den Bestellungen der Kristallerie nieder. Die stilvolle Maßlosigkeit zieht immer noch. Sonderbestellungen haben Konjunktur. Bei einem japanischen Millionär hängt seit kurzem der größte Kronleuchter der Baccarat-Geschichte, mit 440 Leuchten. „Für die Yacht eines Kunden haben wir mehrere Waschbecken aus Kristall gefertigt“, gibt Henissart ein weiteres Beispiel. Auch das trägt heute noch zum Baccarat-Kult bei.
Nicht nur bei den vermögenden Abnehmern, sondern auch bei den Nachwuchskräften. Um seine Nachfolge braucht sich Alain Denain keine Sorgen zu machen. „Ich arbeite immer noch mit den
Alain Denain,
„Ich arbeite immer noch mit den Werkzeugen meines Urgroßvaters, die Arbeit mit dem Kristall ist zeitlos.“
Werkzeugen meines Urgroßvaters, die Arbeit mit dem Kristall ist zeitlos, das fasziniert auch Jugendliche.“Doch nicht jeder ist für die Arbeit bei Baccarat geeignet. Manches kann man lernen. „Die einfachsten Stücke sind die Gläser. Alle Teilelemente davon beherrscht man ungefähr nach drei Ausbildungsjahren in der Werkstatt“, weiß der Meister. Dann kommen die schwierigeren Objekte, zum Beispiel die Karaffen. „Die Karaffe für junge Weine hat mir die meisten Probleme bereitet. Sie ist aus sehr feinem Kristallglas und zugleich ist ihr Kragen sehr hoch“, beschreibt Denain. Wer mit heißem Kristallglas hantiert, das immer in Bewegung bleiben muss, braucht aber vor allem Talent.
Im Jahr 2000 wurde Denain mit dem Titel „Meilleur Ouvrier de France“ausgezeichnet. 840 Stunden hatte er an seinem Wettbewerbsstück – einem 33 Zentimeter hohen Prunkglas ohne Schablone – gefeilt. Dafür gab es einen Empfang im Elysée-Palast, und er bekam seine Medaille vom damaligen Präsidenten Jacques Chirac verliehen. Es war der Höhepunkt seiner Karriere, aber längst nicht das Ende. Seitdem bildet er in der Werkstatt auch die Lehrlinge aus, gibt sein Wissen weiter und fällt gnadenlose Urteile: „Innerhalb von acht Stunden kann ich meistens sagen, ob der Auszubildende geeignet ist oder nicht.“Diejenigen, die den Test bestehen, gehören dann zur Baccarat-Familie aus rund 530 Kristallglasbläsern, Schleifern, Graveuren und Vergoldern. In der knapp 5000-SeelenGemeinde im Herzen Lothringens schreiben sie dann an einem weiteren Kapitel der Legende. ............................................. Das Museum