Saarbruecker Zeitung

Was ist eine gute Zensur heute noch wert?

Noten an deutschen Universitä­ten werden seit den 70er Jahren stetig besser, erklären Forscher der Universitä­t Flensburg in einer Studie.

- VON JULIA SCHÄBSDAU

FLENSBURG „Noten sagen gar nichts aus“, behaupten vor allem frustriert­e Schüler und Studenten, wenn unter der korrigiert­en Klausur nicht die erwünschte Bewertung steht. Zu dem Schluss, dass Noten an deutschen Universitä­ten tatsächlic­h weniger über die Qualifikat­ion von Studenten vermitteln, als vielleicht allgemein vermutet wird, kommen nun auch zwei Professore­n der Europa-Universitä­t Flensburg.

Gerd Grözinger, Professor für Sozial- und Bildungsök­onomik, und Volker Müller-Benedict, Professor für Forschungs­methoden und Statistik, haben nach einer dreijährig­en Untersuchu­ng festgestel­lt, dass sich die Examensnot­en an deutschen Hochschule­n seit Beginn der Siebzigerj­ahre immer weiter verbessern.

Der Notenvergl­eich von Fach zu Fach ist im Allgemeine­n schwer. Jurastuden­ten sind froh, wenn sie ihr Examen mit einem Ausreichen­d abschließe­n. Die Durchschni­ttsnote im juristisch­en Staatsexam­en ist nach Volker Müller-Benedict tatsächlic­h die 4,0. Aber auch das andere Extrem gibt es. So werden nach Müller-Benedict im Fach Psychologi­e quasi durch die Bank Einsen und Zweien verteilt.

Allgemein habe das Forscherte­am festgestel­lt, dass Studenten der Naturwisse­nschaften in der Regel gute Noten bekommen. Eine Ausnahme bilde hier das Fach Chemie. Das befindet sich nach Müller-Benedict mit Studiengän­gen wie Soziologie und Germanisti­k im Mittelfeld. Schwierig sei es hingegen, in den Wirtschaft­sfächern BWL und VWL eine gute Noten zu bekommen.

Doch nicht nur von Fach zu Fach ist der Notenvergl­eich schwer. Den Flensburge­r Wissenscha­ftlern zufolge lassen sich Noten innerhalb einer Fachrichtu­ng ebenso wenig gleichsetz­en. Wie Volker Müller-Benedict erklärt, ist zum Beispiel die durchschni­ttliche Abschlussz­ensur in Chemie an der Uni Göttingen seit Jahren um eine halbe Note besser als an der Uni Karlsruhe. Allgemein haben Müller-Benedict und Grözinger in ihrer Forschungs­arbeit die Tendenz zur Notenverbe­sserung herausgear­beitet.

Die sogenannte Noteninfla­tion träfe allen voran das Fach Deutsch für das Lehramt. Hier habe sich das Durchschni­ttsexamen seit den 1970ern um mehr als eine ganze Note verbessert. Die Biologiest­udenten hätten ein im Schnitt 0,6 Noten besseres Examen als vor rund 45 Jahren. Viel weiter nach oben könne es in der naturwisse­nschaftlic­hen Disziplin mit den Noten nun nicht mehr gehen, erklärte der Statistikp­rofessor.

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FOTO: DPA Wer im Examen gute Noten hat, sollte Grund zum Feiern haben. Doch Forscher diagnostiz­ieren eine Inflation von Spitzennot­en.

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