Saarbruecker Zeitung

Wolke der Wünsche zieht in Metropolen

Die internatio­nale Kunst-Aktion Wooden Cloud von Martin Steinert macht Fortschrit­te. Jetzt ist sie nach Berlin und Paris eingeladen.

- VON SUSANNE BRENNER

SAARBRÜCKE­N Die hölzerne Wolke geht über Berlin auf. Und über Paris. Und sie wird gefüllt sein mit den Wünschen der Menschen, die in diesen Städten leben. Martin Steinerts bildhaueri­sches Projekt „Wooden Cloud – Architektu­r der Wünsche“ist ein Erfolgsmod­ell.

Gerade ist ein großformat­iges, reich bebilderte­s Buch über seine Arbeit in St. Petersburg erschienen. In ein paar Wochen steht schon die nächste Station an. In Neukölln, am Richard-Platz, wird die nächste Wooden Cloud gebaut. Am 23. Juni geht es los.

„Ich habe mich sofort verliebt in dieses Viertel“, sagt Steinert beim Besuch in der SZ. „Der RichardPla­tz sieht aus wie ein elsässisch­er Dorfplatz.“Hierhin wird er nun in ein paar Wochen reisen mit seinen Dachlatten im Gepäck. Im Rahmen des Kulturfest­es „48 Stunden Neukölln“können die Neuköllner und ihre Gäste ihre Wünsche auf die Latten schreiben, aus denen Steinert dann eine diesmal zwischen Bäumen schwebende, filigrane Struktur baut.

Das Prinzip der Architektu­r der Wünsche noch mal kurz erklärt: In verschiede­nen Städten und Ländern schreiben Menschen auf ganz normale, rohe Dachlatten, was sie sich so vom Leben, für ihre Lieben oder die Welt im Allgemeine­n wünschen. Aus diesen Latten baut Martin Steinert dann eine seiner monumental­en Skulpturen. So werden die Wünsche und Träume der Menschen zu Kunst.

Auftakt war vor zwei Jahren in der Saarbrücke­r Johanneski­rche. Im letzten Sommer war Steinert nach St. Petersburg eingeladen. Jetzt geht es, wie gesagt, nach Berlin. Und im nächsten März wird eine Wooden Cloud in Paris entstehen, „in einer wunderschö­nen Ecke“, schwärmt Steinert. Da ein paar formale Akte noch fehlen, sagt er aber noch nicht, wo.

„Petersburg, Berlin, Paris – das ist doch schon eine gute europäisch­e Achse“, meint Steinert. Begleitet wird er stets von dem Fotografen André Mailänder, mit dessen Fotos zu jeder Skulptur und Stadt ein Buch entsteht. Und ab Berlin ist auch die junge französisc­he Filmerin Mathilde Nodenot dabei.

Was sind das für Wünsche, die die Menschen schreiben? „Die Wünsche sind in Petersburg die gleichen wie bei uns“, hat Steinert wenig überrascht erfahren. Niemand wünschte sich bisher den Lottogewin­n oder überhaupt viel Geld. „Die Leute wünschen sich Gesundheit, dass sie ihre große Liebe wiederfind­en oder dass ihr Tochter einen Studienpla­tz bekommt.“

In Petersburg, meint er, hätten sie das vielleicht ein bisschen poetischer formuliert als in Saarbrücke­n. „Ich wünsche, die Magie der

Vögel zu beherrsche­n“hat da zum Beispiel einer geschriebe­n. Diese schöne Zeile ist nun auch Titel des Buches.

Das Petersburg-Buch dokumentie­rt einige der schönsten Wünsche, vor allem aber die Erlebnisse des Künstlers vor Ort. Wo manchmal alle zwei Tage ein Fernsehtea­m kam, wo die Nachbarn ihn gleich zum Picknick einluden. Und viele, viele ihre Wünsche aufschrieb­en.

„Das ist das Schöne an diesem Projekt, zu sehen, dass es bei den Menschen ankommt.“Und die sind dann traurig, wenn die Wolke abgebaut wird. Aber auch das gehört zum Projekt. Die Wooden Cloud ist wie jede Wolke auf Vergänglic­hkeit angelegt. Ein paar Wochen schwebt sie im öffentlich­en Raum. Dann ist sie wieder weg. Aber es bleiben viele Fotos in privaten Handy-Kameras – und natürlich die Bilder von André Mailänder und die damit gestaltete­n Bücher.

„Ich habe mich sofort verliebt in dieses Viertel“

Martin Steinert über den Platz für die nächste Wooden Cloud

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FOTO: SIFFRIN Der Richard-Platz in Berlin-Neukölln. Dort wird die Wooden Cloud so schweben wie auf dieser Simulation.
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