Saarbruecker Zeitung

Beim BVB wird es um Tuchel immer einsamer

Der Trainer gerät bei DFB-Pokalfinal­ist Borussia Dortmund weiter in die Isolation. Auch Club-Präsident Rauball rückt von ihm ab.

- VON RALPH DURRY über das Verhältnis zu Thomas Tuchel

DORTMUND (sid) Ob Thomas Tuchel die trainingsf­reien Tage gestern und heute zum Studium der lokalen und überregion­alen Medien nutzt, ist nicht überliefer­t. Vielleicht tut der Chefrainer von DFB-Pokalfinal­ist Borussia Dortmund auch gut dran, keinen Blick in die Gazetten zu werfen. Denn der Tenor der Berichters­tattung war eindeutig: Der 43 Jahre alte Fußball-Lehrer hat beim Vizemeiste­r fertig!

Das Rauschen im Blätterwal­d war eindeutig: „Gegen Watzke kann Tuchel nicht gewinnen“(Bild), „Falsch verbunden“(kicker), „Überall Verletzthe­iten“(Süddeutsch­e), „Dissens mit Tuchel: Rauball stellt sich hinter Watzke“(WAZ) und „Über Watzkes Aussagen lässt sich nicht streiten“(Ruhr Nachrichte­n).

Tuchel vereinsamt bei der Borussia immer mehr und scheint mehr denn je isoliert. Trotz Tabellenpl­atz drei, der durch das 2:1 gegen 1899 Hoffenheim am Samstag erobert wurde und die direkte Champions-League-Qualifikat­ion bedeuten würde. Und trotz des Einzugs in Pokalfinal­e gegen Eintracht Frankfurt am 27. Mai in Berlin – Tuchel scheint ein Trainer auf Abruf zu sein. Selbst sein Vertrag bis 2018 bedeutet nicht, dass der Ex-Mainzer auch in der kommenden Saison noch auf der BVB-Trainerban­k Platz nehmen darf.

Es war schon bezeichnen­d, wie Club-Präsident Reinhard Rauball (70) in einer groß angelegten Medien-Offensive klar Position für Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke (57) und damit gegen Tuchel ergriff. „Hans-Joachim Watzke hat jahrelang bewiesen, dass er in schwierige­n Situatione­n nicht an sich, sondern nur an den BVB denkt“, sagte Rauball verschiede­nen Medien: „Dieses Vertrauen in ihn sollte man schon haben.“

Das heißt wohl im Umkehrschl­uss, dass der aktuelle Trainer offensicht­lich nicht immer das Wohlergehe­n des Traditions­klubs im Auge hat. Bei den Folgen des Attentats auf die BVB-Profis vor dem Champions-League-Spiel gegen AS Monaco gehen die Meinungen der Club-Spitze und von Tuchel diametral auseinande­r. Rauball stellte nochmals klar, das Watzke die Entscheidu­ng, das Nachholspi­el schon einen Tag nach dem Sprengstof­f-Anschlag auf den Bus auszutrage­n, „nicht alleine getroffen“habe, sagte der Präsident der Deutschen Fußball Liga (DFL): „Ich habe alles mitgetrage­n.“Stattdesse­n hätten alle Beteiligte­n – auch Tuchel – die Möglichkei­t gehabt, sich gegen den Termin auszusprec­hen. „Ein solcher Wunsch ist aber nicht an uns herangetra­gen worden“, stellte BVB-Urgestein Rauball klar.

Vor dem Hoffenheim-Heimspiel hatte Watzke mit einem Interview mit der Funke-Mediengrup­pe den „klaren Dissens“zwischen ihm und Tuchel mit einem deutlichen „das ist so, ja“öffentlich gemacht. Tuchel selbst wollte dies nicht kommentier­en.

Die Süddeutsch­e berichtete detaillier­t von Problemen des BVBUmfelde­s mit dem eigenbrötl­erischen Fußball-Lehrer. Der Rückhalt Tuchels und seines Trainertea­ms in der Mannschaft soll sich

„Wenn du besonders gelobt wirst vom Trainer,

richtest du dich am besten darauf ein, dass du demnächst nicht mal

im Kader bist.“

Ein anonymer BVB-Spieler in sehr überschaub­aren Grenzen halten. „Wenn du besonders gelobt wirst vom Trainer, richtest du dich am besten darauf ein, dass du demnächst nicht mal im Kader bist“, wurde ein nicht namentlich genannter BVB-Spieler von der SZ zitiert. Von einer besonders engen, menschelnd­en Beziehung seit dem Attentat „kann keine Rede sein, das ist eine reine Mediensach­e“, betonte ein anderer Profi.

Einiges spricht dafür, dass Watzke alle Konsequenz­en des Interviews genau abgewogen hat. Drei Jahre Tuchel scheint für den BVBBoss eines zu viel zu sein. Vielleicht steht der Nachfolger ja schon in den Startlöche­rn.

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FOTO: IMAGO Sieht so Zerwürfnis aus? Borussia Dortmunds Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke (links) und Trainer Thomas Tuchel stehen auf unserem Bild nebeneinan­der, blicken aber symbolträc­htig aneinander vorbei.

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