Saarbruecker Zeitung

Mercedes nimmt den Kampf gegen Ferrari an

- VON THOMAS WEITEKAMP

KÖLN (sid) Nein, sagt Toto Wolff und schmunzelt, Faulheit sei nicht das Problem bei Mercedes. Drei Jahre lang rasten die Silberpfei­le in der Formel 1 fast konkurrenz­los von Sieg zu Sieg, standen einsam an der Spitze. 2017 ist Ferrari nun plötzlich ein harter Gegner. Die Gründe dafür? „Keine Bequemlich­keit, keine Nachlässig­keit“, sagt Mercedes-Motorsport­chef Wolff mit Nachdruck – im Gegenteil.

Das neue Reglement habe „alles auf null gestellt“. Und Ferrari mit dem viermalige­n Champion Sebastian Vettel sei dabei etwas „außergewöh­nlich Gutes“gelungen – die lange Zeit sieche Scuderia ist in der neuen Ära der Königsklas­se also wieder Messlatte für die Konkurrenz. „Und nur Mercedes fährt jetzt auf Augenhöhe mit ihnen“, sagt Wolff: „Das ist der klare Beweis unserer Stärke als Team.“

Nach vier Rennen der neuen Saison sind Erfolge für Silber längst keine Selbstvers­tändlichke­it mehr, Ferrari-Pilot Vettel führt vor dem Großen Preis von Spanien am kommenden Sonntag (14 Uhr/RTL) das WM-Klassement an. Allerdings zeigte Mercedes zuletzt auch, dass man diesen Kampf annimmt: In Russland brachte die Qualifikat­ion die bislang größte Niederlage, die komplette erste Startreihe ging an Ferrari – im Rennen schlug Mercedes mit dem Premieren-Sieg von Valtteri Bottas zurück.

Für das Weltmeiste­r-Team macht der Sieg des Finnen diese Saison je nach Blickwinke­l einfacher und komplizier­ter zugleich. Zum einen sprang Bottas in die Bresche, als Superstar Lewis Hamilton schwächelt­e. Er zeigte, dass er im wahrsten Sinne des Wortes ein Nachfolger des zurückgetr­etenen Champions Nico Rosberg sein kann – und weit mehr als bloß eine Nummer zwei, wie von vielen angenommen. Wolff sagte, man müsse Bottas „auch mal Zeit geben“. Auch Bottas machte in seiner ruhigen Art klar, dass er ohnehin immer an seine Fähigkeite­n geglaubt habe.

Auf der anderen Seite kann ein enges Stallduell in dieser langen Saison für Mercedes zum Nachteil gegenüber Ferrari werden. Nehmen sich beide Silberpfei­le regelmäßig die Punkte weg, könnte Vettel profitiere­n – denn der hat seinen Teamkolleg­en Kimi Räikkönen bislang ziemlich deutlich im Griff und dürfte den Großteil der Ferrari-Punkte einfahren. Der eigene Anspruch, beide Fahrer stets frei gegeneinan­der antreten zu lassen, wird bei Mercedes dann auf eine harte Probe gestellt.

Dennoch schließt Wolff einen harten Eingriff des Kommandost­andes weiter aus. Eine Teamorder, wie sie Ferrari kurz nach der Jahrtausen­dwende bei Michael Schumacher und Rubens Barrichell­o beinahe legendär anwendete, soll es bei Mercedes auch im Jahr 2017 nicht geben. „Das Thema ist zurecht sehr kontrovers, niemand will so etwas sehen“, sagt Wolff: „Ich glaube, dass es damals auch ein anderes Umfeld war. Heute ist alles transparen­ter. Deshalb wäre eine so brutale Stallorder nichts, was wir machen wollen oder machen würden.“

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