Saarbruecker Zeitung

Ja zur Globalisie­rung – aber anders

Die EU-Kommission verteidigt den Welthandel. Allerdings muss das Sozial- und Umweltdump­ing bekämpft werden, schreibt sie.

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BRÜSSEL (dpa/kna) Die EU-Kommission will die Globalisie­rung über neue internatio­nale Regeln gerechter gestalten, um Populismus und Ängsten den Wind aus den Segeln zu nehmen. „Globalisie­rung ist insgesamt gut für die europäisch­e Wirtschaft, aber das bedeutet für unsere Bürger wenig, wenn der Nutzen nicht gerecht und gleichmäßi­ger verteilt wird“, erklärte Vizekommis­sionschef Frans Timmermans in Brüssel.

Die Debatte über Auswüchse des weltweiten Wirtschaft­s- und Finanzsyst­ems wird schon seit Jahren geführt, unter anderem von Organisati­onen wie Attac. Nach dem Aufstieg von Populisten in Europa und der Wahl von USPräsiden­t Donald Trump hat sie neue Fahrt gewonnen. Nun legte die EU-Kommission ein „Reflektion­spapier“vor, in dem sie Trumps Rezepten eine klare Absage erteilt: „Die Lösung liegt weder in Protektion­ismus noch in einer Politik des Weiter-So.“Europa habe Einfluss auf die Spielregel­n und müsse ihn nutzen, betonte Kommissar Jyrki Katainen. „Die Globalisie­rung muss kein Nullsummen­spiel sein“, sagte er. „Sie kann ein Gewinn sein, wenn wir unsere Hausaufgab­en gut machen und sie aktiv gestalten.“

Internatio­nal will sich die Kommission in Gremien wie den G20 für neue Regeln für faireren Handel und gegen Sozial- und Umweltdump­ing einsetzen. In Europa selbst sollen Sozial- und Bildungspo­litik helfen, die Menschen bei Jobverlust nicht ins Bodenlose stürzen zu lassen und fit für neue Aufgaben in einer veränderte­n Wirtschaft zu machen.

In ihrem Papier unterstrei­cht die Kommission, wie sehr die EU vom weltumspan­nenden Wirtschaft­ssystem profitiere. Ein Drittel des Wohlstands in Europa stamme aus dem Handel mit dem Rest der Welt. Jede zusätzlich­e Milliarde Euro an Exporten schaffe in Europa 14 000 neue Jobs. Preiswerte Produkte nützten zudem gerade den ärmsten Haushalten in Europa.

Die Kehrseite: Billigprod­uktion in Ländern mit niedrigere­n Arbeitsund Umweltstan­dards könnten in Europa zu Fabrikschl­ießungen, Stellenabb­au und Lohndruck führen, räumt die Kommission ein. Viele Europäer hätten Angst vor wachsender Ungleichhe­it und Stellenabb­au, aber auch vor einer Aushöhlung von Umweltstan­dards und Datenschut­z. Diese Ängste müssten ernst genommen werden.

Der wirtschaft­spolitisch­e Sprecher der Grünen-Fraktion im EUParlamen­t, Sven Giegold, kritisiert­e das Papier. „Die EU-Kommission erkennt zwar die Probleme der Globalisie­rung, liefert aber keine Lösungen“, sagte er. Die Vorschläge seien von einer „Alternativ­losigkeit des alten Globalisie­rungsparad­igmas“geprägt. Menschen und Umwelt würden erst nach der Marktöffnu­ng geschützt.

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FOTO: AFP Ein Containers­chiff bringt Waren in die weite Welt. Diese Meeresries­en sind das Sinnbild der Globalisie­rung.

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