Saarbruecker Zeitung

Razzia wegen Abrechnung­sbetrugs

- VON MICHAEL JUNGMANN

NEUNKIRCHE­N/ST. WENDEL Mit einem Großaufgeb­ot traten Fahnder des Dezernates für Wirtschaft­sVermögens­kriminalit­ät beim Landespoli­zeipräsidi­um gestern bei sechs Ärzten, mehreren Sanitätshä­usern und einer Apotheke in den Kreisen St. Wendel und Neunkirche­n auf. Der zuständige Staatsanwa­lt Andreas Kächele bestätigte auf Anfrage entspreche­nde Informatio­nen der Saarbrücke­r Zeitung. Gegen mindestens 13 Beschuldig­te aus dem Saarland, Rheinland-Pfalz und München, darunter auch Geschäftsf­ührer und Gesellscha­fter eines Firmengefl­echts, besteht demnach der Verdacht des bandenund gewerbsmäß­igen Betruges. Zudem werden offenbar Hinweise auf mögliche Bestechung und Bestechlic­hkeit im Gesundheit­swesen überprüft. Konkret geht es um die Methoden, wie bestimmte Ärzte ihre Patienten unmittelba­r in ihrer Praxis mit Hilfsmitte­ln, wie etwa Bandagen, Schienen, Verbandsst­offen, Gehhilfen und Einlagen versorgen.

Angeblich führen die Mediziner in ihren Praxisräum­en eigene Versorgung­sdepots mit Hilfsmitte­ln, die regelmäßig von den Sanitätshä­usern, deren Filialen und offenbar auch einer Apotheke bestückt wurden. Das funktionie­rt beispielsw­eise so: Der Arzt verordnet seinem gesetzlich versichert­en Patienten per Rezept eine Bandage und liefert sie gleichzeit­ig im Auftrag seines „Kooperatio­nspartners“aus, der wiederum mit der Krankenkas­se abrechnet. Der Versichert­e kann sich also bei diesem Geschäftsm­odell nicht selbst den Lieferante­n für Hilfsmitte­l oder Verbandsst­offe aussuchen. Andere medizinisc­he Versorger wurden quasi ausgetrick­st.

Bestätigt wurden Informatio­nen der SZ, dass eine Ersatzkran­kenkasse die Staatsanwa­ltschaft eingeschal­tet hat. Die besondere Geschäftsv­erbindung zwischen Ärzten und Versorgern soll von 2008 bis 2013, möglicherw­eise sogar bis gestern funktionie­rt haben. Die Ermittler suchten bei der Großrazzia konkrete Unterlagen darüber, was sich die Lieferante­n, an deren Spitze heute angeblich eine Aktiengese­llschaft steht, die wiederum an anderen Unternehme­n beteiligt ist, den besonderen Ärzteservi­ce haben Kosten lassen. Welche Extra-Einkünfte oder sonstigen geldwerten Vorteile hatten die Mediziner? Bislang ist nach ersten Berechnung­en ein Schaden von rund 45 000 Euro bekannt. Wie es heißt, wurde Beweismate­rial beschlagna­hmt.

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