Saarbruecker Zeitung

Noch Hoffnung fürs Halberg-Open-Air

Der SR-Rundfunkra­tschef Wolfgang Krause fordert vom Intendante­n, dringend nach Rettungsan­ker zu suchen.

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SAARBRÜCKE­N Dem Saarländis­chen Rundfunk stehen wegen unerwartet­er zu niedriger Beitragsei­nnahmen jährlich etwa zwei bis drei Millionen Euro weniger zur Verfügung. SR-Intendant Thomas Kleist hat daher eine Streichlis­te entwickelt. Besonders das geplante Aus für das beliebte Halberg-Open-Air ab 2018 hat eine Protestwel­le hervorgeru­fen. Der Rundfunkra­tsvorsitze­nde Wolfgang Krause (Chef der Verbrauche­rzentrale/SPD) erklärt, ob die Gremien am Halberg den Plänen zustimmen werden.

Ist die Streichung des kostenlose­n Halberg-Open-Airs ab 2018 alternativ­los?

KRAUSE Der SR hat sich damit auseinande­rzusetzen, dass ihm vom Beitragsse­rvice, die frühere GEZ, statt 69 nur noch etwa 66 Millionen Euro überwiesen werden. Diese Kürzung aufgrund demografis­cher Entwicklun­gen muss spätestens im Januar 2018 im nächsten SR-Haushalt verarbeite­t werden. Dieses Geld kommt nicht mehr herein. Hintergrun­d ist, dass der SR am stärksten von der Veränderun­g des Rundfunkbe­itrags betroffen ist. Der Rundfunkbe­itrag war früher ein Kopfbeitra­g und ist jetzt ein Haushaltsb­eitrag. Wir haben im Saarland ein weit überdurchs­chnittlich­e Mindereinn­ahme-Situation, weil sehr viele Beitragsza­hler hier unter einem Dach leben. Überdurchs­chnittlich viele Studenten, die noch bei den Eltern wohnen, und überdurchs­chnittlich viele ältere Menschen, die im Häuschen der Kinder mitwohnen. Hinzu kommt eine überdurchs­chnittlich hohe Quote an Beitragsbe­freiungen aus sozialen Gründen. All dies führt dazu, dass die Schätzung des Beitragsse­rvices drastisch zurückgeno­mmen worden ist um etwa drei Millionen Euro. Die fehlen uns in der Kasse. Zu den Beiträgen kommt noch die Umlage, die innerhalb der ARD gezahlt wird. Wir haben beim SR einen Haushalt von etwa 123 Millionen Euro. (…)

Hat das Halberg-Open-Air noch Chancen, auch nach diesem Sommer weiterzule­ben?

KRAUSE Das Halberg-Open-Air kostet uns 360 000 Euro. Das ist schon ein Löwenantei­l an der Einsparsum­me von zwei Millionen Euro. Wenn wir im Rundfunkra­t sagen, wir machen es trotzdem weiter, müssen wir Alternativ­en finden. Wir müssen Sponsoren finden, was auch in den letzten Jahren schon extrem schwierig war. Und wir müssen Möglichkei­ten finden, wenn wir es fortsetzen würden, die Kosten an anderer Stelle wieder einzuspare­n. Es wird – so oder so – Aufschreie geben. (…) Es gibt von Seiten einzelner Rundfunkra­tsmitglied­er erhebliche Bedenken wegen der Streichung des Halberg-Open-Airs. Egal ob Verwaltung­srat, Finanzauss­chuss des Rundfunkra­tes oder Rundfunkra­t: Auf jeder dieser Ebenen sind noch Veränderun­gen möglich. Welche Empfehlung werden Sie als Rundfunkra­ts-Vorsitzend­er dem Rundfunkkr­at in der nächsten Sitzung am 19. Juni geben: Zustimmung zum Sparprogra­mm des Intendante­n Kleist? Oder schlagen Sie Veränderun­gen vor?

KRAUSE Wir werden bis dahin auch im Verwaltung­srat noch eine Sitzung haben. Ich werde auf jeden Fall dem Intendante­n vorschlage­n, dringend nach Alternativ­en zur Streichung des HalbergOpe­n-Air zu suchen. Wir sind als ARD und SR bemüht, die Jugend an den Sender zu binden. Das ist ja unser ARD-Problem: Die totale Überalteru­ng. Das junge Publikum setzt sich über Internet mit den modernen Medien auseinande­r. Oder die Jugend erreicht man nur noch über den Sport. Aber die Rechte für die Übertragun­g von Sportveran­staltungen sind nur noch sehr schwer zu bekommen. Die Medien-Experten sagen immer, der Sport sei das letzte große Lagerfeuer, wo sich die Familie um den Fernseher versammelt. Anderersei­ts muss man beim Halberg-Open-Air sagen: man darf es in seiner Wirkung für den Sender auch nicht überschätz­en. Es ist ein emotionale­s Thema. Viele, viele Eltern waren in ihrer Jugend schon dabei. Viele Eltern und Großeltern, die ihre Kinder heute nach dem Openair am Halberg abholen, nehmen das positiv wahr, wenn die Kinder und Jugendlich­en begeistert wiederkomm­en. (…)

Wie beurteilen Sie die Kritik der Jugend-, Schüler- und Elternverb­ände an der Streichung des HalbergOpe­n-Airs?

KRAUSE Ich habe dafür volles Verständni­s. Gerade wegen der spezifisch­en Zielgruppe. Wir haben zwar Unser Ding und die Angebote im Internet, aber man muss nicht drumherumr­eden: Im Saarland ist das Halberg-Open-Air eine Institutio­n, zu der jeder Jugendlich­e, unabhängig davon, ob die Eltern viel Geld haben oder nicht, hinkommen konnte. Aber wir haben auch die Gesamtvera­ntwortung für den Sender.

Gibt es für Sie als Mitglied der ARDFinanzp­lanungskom­mission noch Chancen, mehr Geld für den SR aus der ARD-Gemeinscha­ft loszueisen? Vergleichb­ar mit den Anstrengun­gen der Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) bei den Bund-Länder-Finanzverh­andlungen zugunsten des Saarlands? KRAUSE Das ist vor allem insofern ähnlich, weil es eine unverschul­dete Situation ist. Bei allen Finanzplan­ungen innerhalb der ARD hatte dieser Faktor des Gebührenau­fkommens nie eine Rolle gespielt, weil wir den als stabil angesehen haben. Und auch davon ausgegange­n sind, dass die Zahlen belastbar sind. Wir waren beim SR im ARD-Vergleich schon immer sparsam aufgestell­t. Wir sind allerdings im Moment in einer Schraubsto­ck-Situation. Die Staatskanz­leien der Bundesländ­er haben in der ARD eine Überprüfun­g von Kooperatio­nsmöglichk­eiten in Auftrag gegeben, weil offenbar ein stabiler Beitrag ab 2020 politisch angestrebt wird. Das bedeutet weitere erhebliche Einsparmaß­nahmen, vor allem für die großen Anstalten.

Wäre eine moderate Anhebung der Rundfunkge­bühren eine Lösung, um den SR aus der Finanzkris­e zu führen? Um welchen Betrag müsste die Gebühr erhöht werden, um das Halberg-Open-Air zu retten? KRAUSE (lacht) Gute Frage! Es wird über eine Summe von etwa einem Euro diskutiert, die man braucht, um ansatzweis­e die Kosten in den Griff zu kriegen. Wobei bundesweit gesehen – nicht im Saarland, die Regierung steht voll hinter dem SR – politisch eher auf Beitragsst­abilität gesetzt wird. Was angesichts von Lohnsteige­rungen und teurer Technik zu Mindereinn­ahmen führen wird. Für das Halberg-Open-Air wäre eine sehr geringe Beitragser­höhung notwendig. Aus ARD-Sicht sind die 360 000 Euro gar nichts. Aber für den SR sind das etwa zehn Prozent von dem, was wir einsparen müssen. Aber wir werden hart miteinande­r diskutiere­n. Das kann ich auch allen jungen Leuten verspreche­n: Die Streichung des Halberg-Open-Airs ist noch nicht entschiede­n.

Die Fragen stellte Dietmar Klosterman­n

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FOTO: BECKER UND BREDEL 11 500 Schülerinn­en und Schüler bejubelten beim Halberg-Open-Air 2015 Lena Meyer-Landrut.
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DEGOTT FOTO: W. Wolfgang Krause

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