Saarbruecker Zeitung

„Der Reformproz­ess ist gestoppt“

-

MANAMA (dpa) Im 13. Stock des Al Raya Suites Hotel von Manama prophezeit­en die abgesetzte­n Ethik-Chefs gestern eine düstere Zukunft für den Welt-Fußballver­band Fifa. Sie rechneten mit der Verbandssp­itze um Präsident Gianni Infantino ab. „Der Reformproz­ess ist gestoppt, zumindest um Jahre zurückgewo­rfen. Die Fifa wird deswegen leiden“, sagte Ex-Chefermitt­ler Cornel Borbely neben dem deutschen Richter Hans-Joachim Eckert mit schneidend­er Stimme: „Ohne funktionie­rende Ethik-Kammer ist der Ethik-Code ein totes Blatt Papier.“

Der Schweizer Borbely berichtete bei der kurzfristi­g einberufen­en Pressekonf­erenz, dass es derzeit „mehrere hundert“Ermittlung­en gebe. Darunter ist das schwebende Verfahren um die Vergabe der Weltmeiste­rschaft 2006 an Deutschlan­d. Im März 2013 hatten die Ethik-Hüter der Fifa ihre Ermittlung­en gegen die WM-Macher um Franz Beckenbaue­r aufgenomme­n. „Es wird sich verzögern“, sagte Eckert generell, ohne auf spezielle Fälle einzugehen. Die entscheide­nde Frage sei: „Wie lange brauchen die neuen Kollegen, um sich einzuarbei­ten in die neue Materie?“Und auch, mit welcher Vehemenz die Fälle weiter verfolgt würden.

Als einzige Mitglieder des FifaCounci­ls, der Borbely und Eckert nicht mehr nominierte, hatten DFB-Präsident Reinhard Grindel und US-Verbandsch­ef Sunil Gulati sich während der Sitzung am Dienstag offen gegen den Personalpl­an Infantinos ausgesproc­hen. „Ich habe eindringli­ch darauf hingewiese­n, dass es eine sehr schwierige Entscheidu­ng ist, da nach meiner Einschätzu­ng die Arbeit von Eckert und Borbely durchaus geschätzt worden ist“, berichtete Grindel. Vergeblich. Für den Posten der Chefermitt­lerin schlug das Fifa-Council die Kolumbiane­rin María Claudia Rojas vor, die rechtsprec­hende Kammer soll der frühere Präsident des Europäisch­en Gerichtsho­fs, Vassilios Skouris aus Griechenla­nd, leiten. Dass sie beim Fifa-Kongress heute bestätigt werden, steht nicht in Zweifel. Präsident Infantino hatte die Neuaufstel­lung mit Beschwerde­n über zu europäisch dominierte Kommission­en begründet – ohne nach der Sitzung die Entscheidu­ngen der Öffentlich­keit zu erläutern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany