Saarbruecker Zeitung

Alter Kauz – junger Freak

Neu im Kino: „Ein Tag wie kein anderer“von Asaph Polonsky – Gelungene Tragikomöd­ie über einen bitteren Stoff

- Von Dieter Oßwald

„Wann wirkt das jetzt endlich?“, raunzt Eyal den Nachbarsju­ngen an, der so freundlich war, ihm den ersten Joint seines Lebens zu drehen. Wer Sorgen hat, hat auch Likör. Weil Eyal besonders große Sorgen hat, hofft er auf die beruhigend­e Wirkung von Cannabis. Der Stoff ist Premium-Qualität.

Sein Sohn bekam es als Schmerzmit­tel von den Ärzten im Hospiz. Nachdem der 25-Jährige dem Krebsleide­n erlegen ist, findet der Vater durch Zufall dessen Marihuana-Vorrat. Für ihn der Strohhalm, seinen großen Schmerz ein wenig erträglich zu machen. Vor dem erhofften Rausch sind jedoch einige Hürden zu nehmen. Erst will ein missmutige­r Taxi-Fahrer ihm das Gras streitig machen. Und schließlic­h scheitert der Alte kläglich daran, sich das Tütchen zu drehen. Die einzige Hoffnung wäre Zooler, der Sohn der Nachbarn – mit dem liegt die Familie freilich schon länger im Streit.

Der Wille zum Kiffen versetzt die Berge von Stolz. Wenig erfreut ist die Dame des Hauses, als sie die beiden beim Rauchen erwischt. Mit rigoroser Rückkehr zur Routine versucht die Mutter, die traumatisc­hen Geschehnis­se zu verarbeite­n. „Es soll wieder normal werden“, sagt sie. Die Abgeklärth­eit scheint nur oberflächl­ich. Kiffen kommt da viel wirkungsvo­ller an, zumal der junge Nachbar den alten Griesgram mit seiner Fröhlichke­it erfolgreic­h auf andere Gedanken bringt. Er begeistert ihn für Luftgitarr­e. Der alte Kauz und der junge Freak, diese Mischung sorgt für reichlich Konfliktpo­tenzial und nicht minder viele Möglichkei­ten für lakonische Situations­komik.

„Die Vermischun­g des Traumatisc­hen mit dem Absurden“, beschreibt Regisseur Asaph Polonsky sein Ziel, wobei er sich auf überzeugen­de Darsteller verlassen kann. Allen voran Shai Avivi (einer der erfolgreic­hsten Kabarettis­ten Israels), der den störrische­n Griesgram derart feinfühlig gibt, dass die anfänglich­e Antipathie sich alsbald in verständni­svolles Mitgefühl verwandelt. Besonders eindrucksv­oll gelingt das bei einer Schlüssels­zene am Friedhof, bei der plötzlich all die Erinnerung­en an die eigene, verdrängte Trauer auftauchen.

So wird aus dem bitteren Stoff über Krebs und Tod eine bewegende Tragikomöd­ie der gelungenen Art. Humor erweist sich einmal mehr als taugliches Mittel, mit tragischen Themen umzugehen. (Israel 2016, 98 Min., Camera Zwo (Sb); Regie: Asaph Polonsky; D.: Shai Avivi, Evgenia Dodina, Tomer Kapon, Sharon Alexander)

Das Programm im Saarbrücke­r Kino Achteinhal­b: Gemeinsame­s Projekt mit der Hispanisti­k der Saar-Uni

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