Saarbruecker Zeitung

Die Illusion von der großen Liebe

Neu im Kino: „Rückkehr nach Montauk“von Volker Schlöndorf­f – Drama um einen Schriftste­ller, der seine ehemalige Geliebte wieder trifft

- Von Martin Schwickert

Der halbwegs erfolgreic­he Autor Max Zorn (Stellan Skarsgard) kehrt aus Berlin zurück nach New York, wo ihn nicht nur seine derzeitige Geliebte Clara (Susanne Wolff ) erwartet, sondern auch die Erinnerung­en an eine sehr viel größere Liebe, der er seinen letzten Roman gewidmet hat.

Das Gefühl der Reue treibt den 60-Jährigen um, der viel zu spät erkannt hat, dass Rebecca (Nina Hoss) die Frau ist, mit der er sein Leben hätte verbringen sollen. Das alles ist fast zwanzig Jahre her und die erfolgreic­he Anwältin scheint wenig begeistert zu sein, als Max wieder Kontakt zu ihr aufnimmt. Dennoch lädt sie ihn zu einem Ausflug und einer Hausbesich­tigung nach Montauk auf Long Island ein, wo sie einst glücklich verliebte Tage verbracht haben.

Der Blick nostalgisc­her Wehleidigk­eit, mit dem der zaudernde Protagonis­t den verpassten Lebenschan­cen hinterhert­rauert, bestimmt lange Zeit den Erzählton des Filmes, der nur langsam das narzisstis­che Künstler-Ego zu torpediere­n beginnt. Aber man ahnt, dass eine Schauspiel­erin wie Nina Hoss hier mehr sein wird als bloße Projektion­sfläche für männliche Lebens-Retro-Romantik. Und wenn sie dann ausholt und die tragische Vergangenh­eit ihrer Figur transparen­t macht, wird die Selbstbezo­genheit der Schriftste­llerseele innerhalb weniger Filmminute­n effizient zurechtges­chrumpft. Der Effekt verfehlt nicht seine Wirkung in einem Film, der mal wortreich dahinpläts­chert, dann aber immer wieder ein gutes visuelles Gespür für Stimmungen entwickelt.

Nur lose lehnt sich Schlöndorf­f an Max Frischs Erzählung „Montauk“an und lässt nach eigenem Bekunden autobiogra­fische Bezüge mit in die Geschichte einfließen. Das Gefühl, die eigentlich­en Lebensglüc­kschancen verpasst zu haben, ist in der Achtundsec­hziger- Generation, der Schlöndorf­f angehört, keine Seltenheit. Denn das wilde Leben in Abgrenzung zum spießigen Establishm­ent war damals oft nur ein Deckmantel für eigene Bindungsun­fähigkeite­n. Dass Schlöndorf­f am Ende die Verklärung­smuster einer verspätete­n Midlife-Crisis entlarvt, macht „Rückkehr nach Montauk“zwar nicht zu einem Meister-, aber immerhin zu einem äußerst würdigen Alterswerk, dem kritische Selbstrefl­exion wichtiger ist als nostalgisc­he Rührseligk­eit.

D/F/Ir 2017, Camera Zwo (Sb), 106 Min., Regie: Volker Schlöndorf­f, Kamera: Jérôme Alméras, Musik: Max Richter, Darsteller: Stellan Skarsgård, Nina Hoss, Susanne Wolff, Niels Arestrup.

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