Von purer Enttäuschung bis Optimismus
BERLIN Der kleine Saal in der Bundesgeschäftsstelle der Grünen ist proppenvoll, als es gestern auf 18 Uhr zugeht. Die Stimmung ist gedrückt. Das Wahlergebnis von 2012 fast halbiert, die Koalition mit der SPD futsch, nur das ganz große Debakel ist ausgeblieben: Die Grünen haben es gerade so in den Düsseldorfer Landtag geschafft. „Viel mehr Positives ist nicht zu verkünden“, wird ParteiChef Cem Özdemir später sagen.
Dabei hatte es der Trend mit den Grünen zuletzt eigentlich gut gemeint. Vor einer Woche in Schleswig-Holstein fast 13 Prozent geholt – das sei das „Ende des Abgesangs auf die Grünen“, freute sich der dortige Spitzenkandidat Robert Habeck. Denkste! Kein Wunder, dass die grüne Fangemeinde jetzt wie paralysiert wirkt.
Als Özdemir schließlich aufs Podium kommt, hat er Fraktionschef Toni Hofreiter und Bundesgeschäftsführer Michael Kellner mit im Schlepptau. Özdemir will „nichts schön reden“. Die „Niederlage“müsse man „mit Demut akzeptieren“. Offenkundig sei es den Grünen in Nordrhein-Westfalen „nicht gelungen, das Klischee als Wirtschaftsverhinderer abzustreifen“, analysiert Özdemir. Nun gelte es für den Bund, „den Kurs der Eigenständigkeit fortzusetzen“, sagt er, und klingt ratlos.
Bei den Linken herrscht dagegen Freude. Rote Fahnen werden geschwenkt, die Leute liegen sich in den Armen, als die ersten Prognosen aufleuchten. Fünf Prozent für die Partei, womöglich auch knapp darunter. Eine Zitterpartie, aber eben auch etwa eine Verdoppelung des Wahlergebnisses im Vergleich zum Jahr 2012. „Das gibt uns Schwung für die Bundestagswahl“, sagt die Co-Vorsitzende Katja Kipping. Die Strategie von SPD-Regierungschefin Hannelore Kraft, die Linke „auszugrenzen“, habe sich nicht ausgezahlt.
Auch bei der AfD überwiegt am Wahlabend das Positive. In den Umfragen waren die Rechten in NRW zuletzt auf nur sechs Prozent taxiert worden. Nun sind es vielleicht ein oder zwei Prozentpunkte mehr, und die Partei zieht aus dem Stand in das 13. Landesparlament ein. Ein ganz persönlicher Erfolg auch für AfD-Spitzenkandidat Marcus Pretzell, der mit der umstrittenen Bundesvorsitzenden Frauke Petry verheiratet ist. „Wir kämpfen für ein noch besseres Ergebnis bei der Bundestagswahl“, sagt Petry.