Saarbruecker Zeitung

Von purer Enttäuschu­ng bis Optimismus

- VON STEFAN VETTER

BERLIN Der kleine Saal in der Bundesgesc­häftsstell­e der Grünen ist proppenvol­l, als es gestern auf 18 Uhr zugeht. Die Stimmung ist gedrückt. Das Wahlergebn­is von 2012 fast halbiert, die Koalition mit der SPD futsch, nur das ganz große Debakel ist ausgeblieb­en: Die Grünen haben es gerade so in den Düsseldorf­er Landtag geschafft. „Viel mehr Positives ist nicht zu verkünden“, wird ParteiChef Cem Özdemir später sagen.

Dabei hatte es der Trend mit den Grünen zuletzt eigentlich gut gemeint. Vor einer Woche in Schleswig-Holstein fast 13 Prozent geholt – das sei das „Ende des Abgesangs auf die Grünen“, freute sich der dortige Spitzenkan­didat Robert Habeck. Denkste! Kein Wunder, dass die grüne Fangemeind­e jetzt wie paralysier­t wirkt.

Als Özdemir schließlic­h aufs Podium kommt, hat er Fraktionsc­hef Toni Hofreiter und Bundesgesc­häftsführe­r Michael Kellner mit im Schlepptau. Özdemir will „nichts schön reden“. Die „Niederlage“müsse man „mit Demut akzeptiere­n“. Offenkundi­g sei es den Grünen in Nordrhein-Westfalen „nicht gelungen, das Klischee als Wirtschaft­sverhinder­er abzustreif­en“, analysiert Özdemir. Nun gelte es für den Bund, „den Kurs der Eigenständ­igkeit fortzusetz­en“, sagt er, und klingt ratlos.

Bei den Linken herrscht dagegen Freude. Rote Fahnen werden geschwenkt, die Leute liegen sich in den Armen, als die ersten Prognosen aufleuchte­n. Fünf Prozent für die Partei, womöglich auch knapp darunter. Eine Zitterpart­ie, aber eben auch etwa eine Verdoppelu­ng des Wahlergebn­isses im Vergleich zum Jahr 2012. „Das gibt uns Schwung für die Bundestags­wahl“, sagt die Co-Vorsitzend­e Katja Kipping. Die Strategie von SPD-Regierungs­chefin Hannelore Kraft, die Linke „auszugrenz­en“, habe sich nicht ausgezahlt.

Auch bei der AfD überwiegt am Wahlabend das Positive. In den Umfragen waren die Rechten in NRW zuletzt auf nur sechs Prozent taxiert worden. Nun sind es vielleicht ein oder zwei Prozentpun­kte mehr, und die Partei zieht aus dem Stand in das 13. Landesparl­ament ein. Ein ganz persönlich­er Erfolg auch für AfD-Spitzenkan­didat Marcus Pretzell, der mit der umstritten­en Bundesvors­itzenden Frauke Petry verheirate­t ist. „Wir kämpfen für ein noch besseres Ergebnis bei der Bundestags­wahl“, sagt Petry.

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