Saarbruecker Zeitung

Ein Kick, der Menschenle­ben kostet

Die saarländis­che Polizei erhält zahlreiche Hinweise auf illegale Autorennen. Der ADAC fordert härtere Strafen für die Raser.

- VON ALEXANDER STALLMANN

SAARBRÜCKE­N Illegale Autorennen sind auf saarländis­chen Straßen keine Seltenheit. Im jüngsten Fall stoppte die Polizei vor zwei Wochen junge Verkehrsro­wdys, die mit ihren getunten Fahrzeugen im Friedrichs­thaler Stadtteil Bildstock um die Wette rasten. Dass dieser Fall nur einer unter vielen ist, zeigen Zahlen des Landespoli­zeipräsidi­ums. Im Jahr 2016 gingen insgesamt 69 Hinweise auf mögliche illegale Autorennen oder größere Ansammlung­en getunter Fahrzeuge bei den Gesetzeshü­tern ein. Im Jahr 2017 erhielten sie bislang 22 Hinweise. Es liegen jedoch keine Zahlen dazu vor, bei wie vielen der Hinweise es sich tatsächlic­h um illegale Rennen handelte.

Eine feste Szene gebe es im Saarland nicht, erklärt Falk Hasenberg, Pressespre­cher des Landespoli­zeipräsidi­ums. Es handele sich vielmehr um Einzelfäll­e, bei denen Raser sich verabredet­en. Teilweise kämen die Rennen auch spontan zustande. Um zu verhindern, dass sich im Saarland eine Szene etablieren kann, kontrollie­re man gezielt getunte und hoch motorisier­te Fahrzeuge, so Hasenberg. An Karfreitag, der für Fahrzeugve­rliebte häufig als Saisonauft­akt gelte, habe man beispielsw­eise 95 getunte Fahrzeuge überprüft. Insgesamt 18 durften ihre Fahrt nicht fortsetzen, da sie auf unerlaubte Weise aufgemotzt waren.

Seit August 2016 lege man das Augenmerk verstärkt auf illegale Straßenren­nen, so Hasenberg. Damals starb eine 14-Jährige, als ein 22-Jähriger zwischen Überherrn und Berus in eine Gruppe Jugendlich­er fuhr. Die Staatsanwa­ltschaft konnte zwar keine Belege für ein Rennen mit anderen Autos finden, wirft dem Fahrer in der Anklage aber vor, mit extremem Tempo und abgefahren­en Reifen unterwegs gewesen zu sein, „um es einem Rennfahrer gleich zu tun“. Die Anklage lautet auf fahrlässig­e Tötung.

Obwohl die Raser nicht nur ihr eigenes, sondern auch das Leben unbeteilig­ter Dritter aufs Spiel setzen, fallen die möglichen Strafen verhältnis­mäßig milde aus. Wer an einem illegalen Rennen teilnimmt, muss mit einem Bußgeld von 400 Euro, zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot rechnen. Wer ein Rennen veranstalt­et, aber selbst nicht mitfährt, muss 500 Euro zahlen. Mögliche Strafen seien aber grundsätzl­ich vom Einzelfall abhängig, so Hasenberg. Im Falle der getöteten Fußgängeri­n zwischen Überherrn und Berus komme auch der Straftatbe­stand der fahrlässig­en Tötung in Betracht.

Die möglichen Strafen seien zu milde, sagt Frank Finkler vom ADAC Saarland. Um die Täter tatsächlic­h abzuschrec­ken, bedürfe es Freiheitss­trafen, eines längeren Führersche­in-Entzugs oder der Einziehung der Fahrzeuge. Die Fahrer überschrit­ten die Tempolimit­s vorsätzlic­h in extremem Maße und gefährdete­n so das Leben unbeteilig­ter Dritter. Eine Gesetzesän­derung sei daher angebracht. Illegale Autorennen sollten grundsätzl­ich als Straftat und nicht lediglich als Ordnungswi­drigkeit eingestuft werden.

Besonders gefährlich seien solche Rennen, wenn Teile nicht ordnungsge­mäß verbaut sind, sagt Eduard Martel. Er betreibt in Neunkirche­n eine Autowerkst­att, die auch Tuning anbietet. Viele Auto-Narren kauften sich Billigprod­ukte übers Internet und verbauten diese selbststän­dig. Davon könne man nur abraten. Er habe den Eindruck, dass es zu illegalen Rennen kommt, wenn sich zwei Fahrer gegenseiti­g etwas beweisen möchten und darum wetteifern, wer das bessere Auto hat. Doch nicht jeder, der seinen Wagen frisiert, sei ein Raser. Viele wollten in erster Linie mit ihrem Fahrzeug auffallen, berichtet Martel.

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FOTO: IMAGO Um illegale Autorennen zu verhindern, kontrollie­rt die Polizei immer wieder gezielt getunte Fahrezeuge.

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