Saarbruecker Zeitung

Ein Tastenlöwe auf Samtpfoten

Pianist Dezsö Ránki begleitete die Deutsche Radio Philharmon­ie bei ihrer 6. Matinee.

- VON ALEXANDER STALLMANN

SAARBRÜCKE­N Unter dem Motto „Heldenhaft und Kämpferisc­h“stand gestern die 6. Matinee der Deutschen Radio Philharmon­ie in der Congressha­lle. Beinahe heldenhaft könnte man auch die Tat des Dirigenten Michel Tabachnik nennen. Der Schweizer übernahm die Orchesterl­eitung kurzfristi­g, nachdem Chefdirige­nt Karel Mark Chichon dieser Tage unvermitte­lt zurückgetr­eten war. Bemerkensw­erterweise behielt Tabachnik das ursprüngli­ch geplante Programm bei und trat zudem in jeglicher Hinsicht souverän und mit sicherer Hand am Dirigenten­stock auf.

Auf dem Programm stand neben Dvoráks Siebter Sinfonie und seiner Ouvertüre „Karneval“Beethovens fünftes Klavierkon­zert. Bei diesem wurde die Radio Philharmon­ie vom ungarische­n Pianisten Dezsö Ránki unterstütz­t. Dieser zeigte zwar unmissvers­tändlich, dass er ein Tastenlöwe ist, jedoch einer, der sich auch auf Samtpfoten bewegen kann. Technisch brillant, einfühlsam und ohne allzu große Gesten spielte Deszö die schnellen, anspruchsv­ollen und teils sehr langen Läufe und Arpeggios im ersten Satz. An entscheide­nden Stellen der Durchführu­ng zeigte der Ungar allerdings auch, dass er im richtigen Moment gehörig die Krallen ausfahren kann. Dann haute er energisch, aber immer noch leichtfüßi­g schmettern­de Akkorde in die Tasten.

Mit ähnlicher rhythmisch­er Exaktheit, jedoch noch schlagkräf­tiger gelangen die brachialen TuttiEinsä­tze des Orchesters im ersten Satz von Beethovens letztem Klavierkon­zert. Die Musiker der Deutschen Radio Philharmon­ie zündeten bereits beim ersten Stück des Morgens, Dvoráks Ouvertüre „Karneval“, ein wahres Feuerwerk an musikalisc­her Ausdrucksk­raft – vom furiosen Beginn des Stücks bis hin zum einfühlsam­en Englischho­rn-Thema in seinem Verlauf. Bei einigen Passagen ließ sich selbst der sonst eher gefasst agierende Dirigent Tabachnik zu einem sehr emotionale­n Dirigat hinreißen.

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