Saarbruecker Zeitung

Crash, boing, zack, schepper – ächz, keuch, zork, stöhn, würg

Ganz im Zeichen der „Neunten Kunst“– also im Zeichen der Comics – stand der Gratiscomi­ctag, der am Samstag die Fans dieser Literaturf­orm verzückte

- VON STEFAN BOHLANDER

SAARBRÜCKE­N Die Tür geht auf, 20 Menschen stürmen hindurch. Hier rennt einer an die mit bekannten Marvel-Symbolen bedruckten T-Shirts. Dort sucht jemand nach einer Tasse mit Manga-Motiv. Beinahe kippt der aus Versehen angestoßen­e Papp-Batman auf die Kundschaft. „Wo ist der Punisher?“, ruft einer und übertönt alle anderen Stimmen. Massen von Comic-Fans treffen sich am Samstag im Fachgeschä­ft X-Comics am Beethovenp­latz – denn: Es ist Gratiscomi­ctag.

Mittendrin ist Sven Wolter, Stammkunde und Nerd wie er stolz erzählt. „Das war ich schon, bevor das Wort geläufig wurde“, sagt er lachend. Schon seit Ewigkeiten sei er Comic-Nerd – salopp und mit einem Augenzwink­ern übersetzba­r mit Fachidiot. Am Gratiscomi­ctag deckt er sich mit anthologis­chen Heften ein. Das sind Hefte, die keine durchgehen­de Erzählung enthalten, sondern mehrere kurze Geschichte­n vereinen. „Horror-Schocker“heißt ein Band, den er aussucht. Der stammt aus dem Weissblech-Verlag, einem deutschen Haus. „Der deutsche Markt ist relativ klein, aber voller Enthusiast­en“, weiß der 40-Jährige.

Wolter, der wunderbar über die auch „Neunte Kunst“genannte Comicwelt dozieren kann – und dies an der Hochschule für Bildende Künste auch tatsächlic­h bereits getan hat – erzählt, dass er gerne Mini-Serien kauft, die aus vier bis acht Heften bestehen. Jeden Monat erscheint ein Katalog, so dick wie eine halbe Handfläche, aus der er sich Comics aussucht und bestellt.

19 Verlage haben 30 Bände extra für den Gratiscomi­ctag produziert. Wolter gefällt daran, dass diese nicht besonders umfangreic­h sind und somit für Fans und Einsteiger gleicherma­ßen prima zum Einlesen in die diversen Fantasie-Welten geeignet. Im Angebot sind da auch Hefte über Gaston, Sherlock Holmes oder den James-Bond-Ableger Felix Leiter.

„Stoff-Groots haben wir leider keine mehr“, sagt Verkäuferi­n Nathalie Huwig. Das Geschäft läuft während des Gratiscomi­ctages normal weiter. Aber deutlich mehr als an normalen Samstagen sei los, erzählt Huwig, die seit Anfang des Jahres für den Betrieb arbeitet. Angefangen hat sie in der Filiale in Saarlouis, seit Mai ist sie in Saarbrücke­n. Auch in Saarlouis sei gerade mächtig viel los, wie sie einem Telefonat mit einem Kollegen dort entnimmt.

Die Arbeit ist so etwas wie ihr Traumjob, denn sie ist ebenfalls Comicfan und gehört zur „klassische­n DC-Fraktion“, wie sie sagt. DC ist die Abkürzung für Detective Comics. Neben Marvel ist dies der Branchenfü­hrer und vor allem bekannt für die Sagas aus dem Batman- und Superman-Universum. Die Comicwelt sei insgesamt familienta­uglicher geworden, sinniert sie. Privat liest sie gerne Batgirl oder Catwoman und ist nebenbei freiberufl­iche Künstlerin. „Cosplay-Artist“ist sie, entwirft also Kostüme, die auf Figuren aus dem vorwiegend japanische­n Animeund Mangaberei­ch stammen. „Mangas können vom HardcoreSp­latter bis zum Knutschen und Händchenha­lten alles innerhalb einer Geschichte bieten“, erklärt Sven Wolter.

Klassische „Hero-Comics“wie Spider-Man oder Captain America sind ihm etwas zu banal. Empfehlen könne er Geschichte­n von Zeichner Frank Frazetta, der unter anderem das Filmplakat des Schwarzene­gger-Streifens „Conan, der Barbar“entwarf, oder Storys um Elric von Melniboné. Diese seien interessan­t für Leser, denen „Herr der Ringe“zu gefällig sei. Seinen kritischen Blick hat Wolter trotz seiner Leidenscha­ft nicht verloren. Die Comic-Fortsetzun­g des Thrillers „Fight Club“findet er beispielsw­eise „wirklich unterirdis­ch“.

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FOTO: STEFAN BOHLANDER Verkäuferi­n Nathalie Huwig (vorn l.) und Sven Wolter (r.) fachsimple­n mit einer weiteren Kundin.

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