Crash, boing, zack, schepper – ächz, keuch, zork, stöhn, würg
Ganz im Zeichen der „Neunten Kunst“– also im Zeichen der Comics – stand der Gratiscomictag, der am Samstag die Fans dieser Literaturform verzückte
SAARBRÜCKEN Die Tür geht auf, 20 Menschen stürmen hindurch. Hier rennt einer an die mit bekannten Marvel-Symbolen bedruckten T-Shirts. Dort sucht jemand nach einer Tasse mit Manga-Motiv. Beinahe kippt der aus Versehen angestoßene Papp-Batman auf die Kundschaft. „Wo ist der Punisher?“, ruft einer und übertönt alle anderen Stimmen. Massen von Comic-Fans treffen sich am Samstag im Fachgeschäft X-Comics am Beethovenplatz – denn: Es ist Gratiscomictag.
Mittendrin ist Sven Wolter, Stammkunde und Nerd wie er stolz erzählt. „Das war ich schon, bevor das Wort geläufig wurde“, sagt er lachend. Schon seit Ewigkeiten sei er Comic-Nerd – salopp und mit einem Augenzwinkern übersetzbar mit Fachidiot. Am Gratiscomictag deckt er sich mit anthologischen Heften ein. Das sind Hefte, die keine durchgehende Erzählung enthalten, sondern mehrere kurze Geschichten vereinen. „Horror-Schocker“heißt ein Band, den er aussucht. Der stammt aus dem Weissblech-Verlag, einem deutschen Haus. „Der deutsche Markt ist relativ klein, aber voller Enthusiasten“, weiß der 40-Jährige.
Wolter, der wunderbar über die auch „Neunte Kunst“genannte Comicwelt dozieren kann – und dies an der Hochschule für Bildende Künste auch tatsächlich bereits getan hat – erzählt, dass er gerne Mini-Serien kauft, die aus vier bis acht Heften bestehen. Jeden Monat erscheint ein Katalog, so dick wie eine halbe Handfläche, aus der er sich Comics aussucht und bestellt.
19 Verlage haben 30 Bände extra für den Gratiscomictag produziert. Wolter gefällt daran, dass diese nicht besonders umfangreich sind und somit für Fans und Einsteiger gleichermaßen prima zum Einlesen in die diversen Fantasie-Welten geeignet. Im Angebot sind da auch Hefte über Gaston, Sherlock Holmes oder den James-Bond-Ableger Felix Leiter.
„Stoff-Groots haben wir leider keine mehr“, sagt Verkäuferin Nathalie Huwig. Das Geschäft läuft während des Gratiscomictages normal weiter. Aber deutlich mehr als an normalen Samstagen sei los, erzählt Huwig, die seit Anfang des Jahres für den Betrieb arbeitet. Angefangen hat sie in der Filiale in Saarlouis, seit Mai ist sie in Saarbrücken. Auch in Saarlouis sei gerade mächtig viel los, wie sie einem Telefonat mit einem Kollegen dort entnimmt.
Die Arbeit ist so etwas wie ihr Traumjob, denn sie ist ebenfalls Comicfan und gehört zur „klassischen DC-Fraktion“, wie sie sagt. DC ist die Abkürzung für Detective Comics. Neben Marvel ist dies der Branchenführer und vor allem bekannt für die Sagas aus dem Batman- und Superman-Universum. Die Comicwelt sei insgesamt familientauglicher geworden, sinniert sie. Privat liest sie gerne Batgirl oder Catwoman und ist nebenbei freiberufliche Künstlerin. „Cosplay-Artist“ist sie, entwirft also Kostüme, die auf Figuren aus dem vorwiegend japanischen Animeund Mangabereich stammen. „Mangas können vom HardcoreSplatter bis zum Knutschen und Händchenhalten alles innerhalb einer Geschichte bieten“, erklärt Sven Wolter.
Klassische „Hero-Comics“wie Spider-Man oder Captain America sind ihm etwas zu banal. Empfehlen könne er Geschichten von Zeichner Frank Frazetta, der unter anderem das Filmplakat des Schwarzenegger-Streifens „Conan, der Barbar“entwarf, oder Storys um Elric von Melniboné. Diese seien interessant für Leser, denen „Herr der Ringe“zu gefällig sei. Seinen kritischen Blick hat Wolter trotz seiner Leidenschaft nicht verloren. Die Comic-Fortsetzung des Thrillers „Fight Club“findet er beispielsweise „wirklich unterirdisch“.