Der Gesellschaft etwas zurückgeben
Der Langzeitarbeitslose Erwin Stass engagiert sich seit etwas mehr als zwei Jahren als „Ein-Euro-Jobber“im Wildpark.
SAARBRÜCKEN Er sägt mal wieder. Umgeben von unzähligen Holzschindeln, macht sich Erwin Stass wie jeden Morgen an die Arbeit. In einer Werkstatt unter dem Dach, in einem Gebäude am Rand des Saarbrücker Wildparks sägt und ölt er Holz. Später verarbeitet es zu Dachschindeln, die einmal das Dach der neuen Woltershütte bilden sollen.
Ohne Erwin Stass würde es diese Hütte nicht geben. Oder zumindest erst sehr viel später. Doch eigentlich ist er arbeitslos. Und das schon seit langer Zeit. Denn er ist einer der ungefähr 20 Langzeitarbeitslosen, die im Wildpark gemeinnützige Arbeit im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit verrichten, landläufig als „Ein-Euro-Job“bekannt. Langzeitarbeitslos, das ist jeder, der seit mindestens einem Jahr durchgehend als arbeitslos gemeldet ist. Oder eben auch viel länger. Eigentlich hatte Erwin Stass eine Ausbildung als Maler und Lackierer absolviert, hatte aber nur kurz wirklich in seinem Beruf gearbeitet.
„Dann kamen zig Qualifikationsmaßnahmen, die irgendwie auch nicht gefruchtet haben, denn zum Jobben ist es nie gekommen“, sagt der 45-jährige. Seit etwas mehr als zwei Jahren arbeitet er nun im Wildpark. Als das Angebot vom Arbeitsamt kam, habe er ohne zu zögern zugesagt. „Ich wollte arbeiten“, betont er.
Doch in seinem Alter könne er praktisch keine Arbeit mehr finden. „Viele wissen überhaupt nicht, dass es bestimmte Dinge hier nicht gäbe oder irgendwann erst gäbe, wenn wir sie nicht gemacht hätten“, sagt Erwin Stass. Er läuft durch den Wildpark. Alle paar Meter fällt ihm etwas auf, dass er oder einer seiner Kollegen in der Maßnahme gebaut oder repariert hat. Hier ist es ein Teil des Spielplatzes, dort eine Musikecke mit Holzinstrumenten. Vorbei an einem Waldklassenzimmer, das Schulklassen dank der Maßnahme für den Unterricht mitten in der Natur nutzen können. Auf einer Brücke hält er an. „Die alte Brücke, die hier vorher war, war baufällig und musste irgendwann abgerissen werden“, erzählt er. Die Mitarbeiter der Maßnahme haben sie dann neu errichtet. Besonders wichtig ist dabei, dass jede ausgeführte Arbeit „gemeinnützig und zusätzlich“sein muss, erklärt Willi Roelofs, Sozialarbeiter im Wildpark. Finanziert werden die Arbeiter vom Jobcenter und mit Mitteln des europäischen Sozialfonds. Sie dürfen in keiner Konkurrenz zu gewerblichen Arbeitern stehen. So könne durch die Mühe der Arbeiter den Besuchern des Wildparks Dinge geboten werden, die anders nicht zu bezahlen gewesen wären.
Vor allem eines fällt beim Rundgang mit Erwin Stass auf. Er ist stolz auf seine Arbeit. „Man ist schon stolz darauf, was man hier geleistet hat“, gibt er zu. „Am Schluss, wenn ich hier mal irgendwann weggehe, kann ich sagen, ich hab’ hier einiges hinterlassen.“Und gerade das sei oft so wichtig, erklärt Willi Roelofs. Er betreut die Arbeitslosen. Denn für viele habe die Arbeitslosigkeit über lange Zeit schwerwiegende Folgen, sagt er. Die Leute verlieren ihr Selbstwertgefühl, vereinsamen und verlieren mit der Zeit ihre Fähigkeiten oder erkranken sogar.
Vor allem sei es wichtig, dass die Menschen einen geregelten Tagesablauf haben. „Wir bieten den Arbeitern im Wildpark die Möglichkeit, mit sinnvoller Arbeit ihre sozialen Kontakte aufrechtzuerhalten und wieder Anerkennung von außen zu erleben“, sagt Roelofs. Erwin Stass jedenfalls ist dankbar, dass er durch die Maßnahme wieder am sozialen Leben teilhaben kann. „Es ist sehr gut, dass Jugendliche oder auch ältere wie ich hier arbeiten können, um für das, was man bekommen hat, auch in gewisser Weise wieder was zurückzugeben“, sagt er.
„Wenn ich hier mal irgendwann weggehe, kann ich sagen, ich hab’ hier einiges hinterlassen.“